Moralismus oder Moralität

Ich sprach vom „Moralismus“ –, daß man fälschlicherweise immer die Moral an den Anfang setzte, die Verhaltensweisen als das Entscheidende ansah, das Gute rangieren ließ vor der Wahrheit, daß sehr viel Kitsch einzog, daß der Wert und die Notwendigkeit des Schönen allzu gering geachtet wurden: man glaubte, all dies würde 1962 überwunden.

„Aha“, sagten viele, „endlich kommt die Zeit einer Vertiefung. Endlich wird die Gemeinde, werden die Gläubigen eingeführt in die Tiefen der Wahrheit. Die Primitivität hört auf, ebenso der Pharisäismus, der falsche Moralismus.

Es wird im echten Sinne Jesu humaner werden. Die Kirche erneuert sich, so daß es sich besser leben und freier atmen läßt im Innenraum der Kirche. Man wird fragen und miteinander reden können über die Geheimnisse des Glaubens. Die Sperrmauer für das Denken wird fallen. Man wird wieder denken und endlich denken dürfen.“ Das alles wähnte man. Und der böse Feind hat die Mißstände im Raum der Seelsorge außerordentlich geschickt genutzt, um in den Gläubigen die Wahnvorstellung zu erzeugen, jetzt hören die Mißstände auf.

Das war natürlich eine Wahnvorstellung; denn statt die Mißstände zu beseitigen, brach nun im ganzen offiziellen Bild der Kirche, im ganzen Innenraum der Kirche, von oben her die Katastrophe ein: die Leugnung des Glaubens, die Verwässerung, der falsche Ökumenismus, die „Beitrags“-Ideologie, die falsche, antichristliche Ideologie vom allgemeinen, humanen Fortschritt, vom kollektiven Menschheitsfortschritt, kollektiver Menschheitsbesserung usw., usw.

Auf dem Vehikel eines falschen Wahns ritt das Verderben. Und das konnte so geschehen, weil sich viele Menschen bedrückt fühlten durch die geistige Unterernährung, durch eine verbreitete Verdummung und durch einen verbreiteten Pharisäismus. Dafür gibt es massenweise Beispiele und selbstverständlich, wenn ich das sage, weiß ich, daß es auch Ausnahmen gab.

Selbstverständlich war das nicht durchweg so, aber weithin so, und wäre das nicht so gewesen, hätten die Zerstörer, die lauernden, keine Chance gehabt. So hatten sie eine Chance. Wenn also die Wende kommt, werden wir diese falschen Bedingungen ausmerzen müssen. Ich habe begonnen, planmäßig darüber zu predigen, wie wir uns katholisch reinigen müssen, im katholischen Sinne unsere Grundeinstellung ändern, den falschen Moralismus ausschalten müssen.

Und ich habe auch schon „Über die Schönheit“ gesprochen. Moralismus ist nicht dasselbe wie Moralität. Selbstverständlich sind wir für die Moral das ist eine Binsenweisheit.

Aber am Anfang steht die Wahrheit. Und dann kommt die Wahrheit, und dann kommt drittens die Wahrheit mit ihren Inhalten, dann kommt lange nichts, und dann kommt wieder die Wahrheit, dann kommen einige Pünktchen –und dann kommt erst die Moral und die Bemühung darum von selber.Denn das Gute ist das, was der Wahrheit gemäß ist. Und wenn Du die Wahrheit geschnappt hast, wirst Du automatisch nach dem Guten streben, ebenso aber auch nach dem Schönen, in Wahrheit Schönen.

Und auch da ist eine ausgesprochene Katastrophe zu verzeichnen, gerade seit dem vorigen Jahrhundert. Das hängt mit dem Einbruch der modernen Technik zusammen, die selbstverständlich ihrer ganzen Anlage und den Voraussetzungen des Menschengeistes gemäß unbewältigt bleiben mußte und immer unbewältigter bleibt.Es ist völlig falsch zu sagen, „sie hätte auch ihr Gutes gebracht“. Im Einzelfall, im Detail sicher, wenn man an medizinische Fortschritte in gewissem Rahmen und unter partiellen Aspekten denkt, gewiß, aber aufs Ganze gesehen hat die industrielle Entwicklung, die Bildung der Industriegesellschaft, die Bildung der Massenmedien und die Bildung der Masse eine fürchterliche seelische Zerrüttung, geistige Reduzierung und Einebnung und eine Verkümmerung des Denkens, eine andauernde Ausschaltung der Elite mit sich geführt.

Wir haben keine geistige Elite und keine geistige Führung mehr. Es ist ein vom Menschlichen her gesehen trostloses Bild, das sich bietet. Und ich sage, gerade mit der Industriegesellschaft, mit der Massenflucht vom Lande in die Stadt usw. hängt zusammen, daß in ganz großem Umfange der Kitsch seinen Einzug hielt. Man kann sagen, das neunzehnte Jahrhundert ist das Geburtsjahrhundert des allgemeinen Kitsches. Damals kamen Gassenhauer auf, Schlager, die Satiren. Von daher trat das Volkslied immer mehr zurück. Mit Gewalt versuchte man immer wieder, altes Brauchtum zu pflegen. Aber das hat oft etwas Krampfhaftes und Gewaltsames an sich und schlägt nicht durch.

An die Stelle von alldem ist banale Sinnlosigkeit und rührselige, falsche Sentimentalität getreten, Lebenslüge. Die Kitschromane kamen damals auf, die Küchenlieder und die falschen, bösen Darstellungen heiliger Gegenstände und Personen. Ich sage mit Absicht „falsch und böse“, nicht der ursprünglichen Absicht der Urheber nach böse, aber in ihrer Wirkung ausgesprochen böse.

Was die Darstellungen Jesu anbetrifft, so haben die einen Schaden angerichtet; man wird Jahrzehnte brauchen, um ganz langsam und planmäßig und mit intensiver Mühe diesen ungeheuren Schaden aus den Seelen auszurotten. Denn ein falsches Bild kann in seiner verheerenden Wirkung überhaupt nicht übertrieben werden. Was, meine Freunde, ist Schönheit? Zweifellos hat die Kunst mit der Schönheit zu tun. Aber was ist wahre Kunst, und wann stellt sie in gültiger Weise Schönheit dar?

Was ist überhaupt in sich Schönheit? Ich habe es schon des öfteren gesagt. Es ist der Glanz des Wesens, also das Durchleuchten dessen, was in der Tiefe des Menschen und aller Dinge, in der Tiefe der Welt und des Seienden ist. Der Gedanke Gottes, der im Urgrund leuchtet, der wird transparent, durchsichtig. Man erkennt das Wesen der Welt und das Wesen der Dinge, Also: Kunst ist die Mitteilung, Sichtbarmachung, Hörbarmachung des Urgegebenen, des unaussprechlich Tiefen, des Unsagbaren. Kunst bringt zum Vorschein wahren Wert und das, was am Anfang gedacht wurde und was im ewigen Wort enthalten ist, aus dem alles hervorgeht. Das ist wahre Kunst.

Zweifellos schildert nun Kunst auch das Gebrochensein, Vernichtung, das Zerreißen, fürchterliches Menschenschicksal. Die Kunst schildert den häßlichen Menschen und eine häßliche Landschaft – wahre Kunst. Schildert sie deshalb die Häßlichkeit als solche? – Sie läßt sich nicht schildern, denn die Häßlichkeit als solche, wie das Böse, das Schlechte, das Falsche in sich, ist gleich Nichts. Das Nichts haftet dem Seienden an. Häßlichkeit haftet also dem Seienden an, d.h. Häßlichkeit bricht das ursprüngliche Wesensbild, Häßlichkeit konterkariert das Aufleuchten des Wesens.

Aber wenn sie in gültiger Weise von der Kunst zum Ausdruck gebracht wird, d.h. nicht die Häßlichkeit als solche, sondern das häßliche Ding, die häßliche Sache, den häßlichen, den zerstörten, den gebrochenen Menschen, dann wird man in der Gebrochenheit: um so stärker wissend werden von dem, was da verlorengegangen ist. Im Verlust wird das Verlorene deutlicher.

Gerade im Verlust, und jeder weiß es, wird auf einmal das Wesen dessen, an das man gewohnt war, viel offenbarer. Und darum wird auch durch die Kunst, wenn sie die Fragwürdigkeit, die Bedrohtheit, die Verlorenheit, die Ausgeliefertheit des Menschenlebens, das schwere, tragische Schicksal, die tragischen, unausweichlichen Verflechtungen, in die ein Mensch geraten kann, schildert, gerade das deutlich, was da bricht und zugrunde geht. Und es leuchtet gerade durch das Gebrochene hindurch das Ursprüngliche, das Wesenhafte und Seinshafte um so deutlicher. In der Sehnsucht und in der Wehmut, die dadurch ausgelöst wird, wird das wache Wissen von dem eigentlichen Sein und Wesen um so stärker.

Denken Sie nur an die realistischen Kreuzigungsdarstellungen. „Keine Schönheit ist an Ihm, keine Gestalt“, heißt es in den Prophetien. Und gerade wenn wir Ihn so sehen, den Inhaber, den Ur-Inhaber der Schönheit, des Lebens, sterbend entstellt, dann wird beim Anblick des Entstelltseins die wehmütige Sehnsucht wach, und wir werden im Mitleiden wissend.

Das ist die Aufgabe der Kunst. Dann ist sie keine Lebenslüge. Dann kommt sie aus der Wahrheit und Wirklichkeit, aus der Tiefe und aus dem Anspruch der Tiefe. Und sie schafft Leiden und Mitleiden aus diesem geweckten Anspruch nach dem Leuchten des Ursprünglichen. Das ist Sinn der Kunst, sei es im Roman, sei es im Gedicht, sei es im Bild, sei es in der Statue.

Und sehen Sie: Schönheit – Glanz des Wesens. Ein Gesicht zu sehen, das Geist, Bedeutung, Feuer, Leidenschaft, Kühnheit, Überwindung, Sieg ausstrahlt, ein solches Gesicht zu sehen ist etwas, was einem den Rücken wieder strafft, was einem wieder Lebensmut gibt. „Ich habe ein Gesicht gesehen“ – ich habe einen Menschen gesehen, in dem der Genius des Ewigen, des Göttlichen durchscheint.

Die Kunst, die menschengesichtige Darstellung hat die Aufgabe, das zum Ausdruck zu bringen und sei es in seiner Gebrochenheit und Entstelltheit, um das Mitleiden zu wirken, durch Mitleid wissend zu werden. Aber wie ist so ein Gesicht? Ich habe schon gelegentlich darüber gesprochen. Sehen Sie, wenn ich mir so manche Fotografie eines großen Künstlers in seiner Jugend anschaue, dann erschrecke ich manchmal über das scheinbar flache, unbedeutende Gesicht. Man ist geradezu schockiert. Das Gesicht scheint nichts Besonderes zum Ausdruck zu bringen.

Dann sieht man das Altersbild – zerfurcht –und dann auf einmal entdeckt man die Bedeutung dieses Menschen. Auf einmal bricht durch, wie aus einer verblühenden Rose, der ganze große Glanz dessen, was vorher verborgen war – so ist es oft im Gesicht –, oder der erste geniale Glanz eines jugendlichen Antlitzes wird durch die banalisierende, einebnende, verödende Gewalt des Alltags verspießert und glatt und bedeutungslos. Wie oft erlebe ich das in meinen seelsorglichen Jahren!

Es ist mir immer ein besonderes Entsetzen, ein Schock, wenn ich ursprünglich verheißungsvolle, junge Gesichter plötzlich sehe im Zeichen von Null und Nichtig. Da ist alles dahin. Da ist alles in Gewohnheit, eingeebnet, und die Eltern kommen jubelnd zu mir und sagen: „Ach, ich habe ihnen eine freudige Mitteilung zu bringen: Endlich ist sie bzw. er anständig geworden“ usw., usw. Aber ich bin ganz und gar nicht jubelnd und froh, sondern total traurig und denke: „Damals, als noch das Chaos waltete, da war noch Chance, denn aus dem Chaos können Sterne geboren werden. Aber jetzt ist er glatt, poliert, rund, brav, alltäglich, langweilig, pflichttreu.“

Nun sagt die Frau Mama: „Nun ja, in die Kirche geht er ja nicht und religiös ist er nicht weiter engagiert, aber Hauptsache anständig.“ – O weh! Das ist die Niederlage auf den Katalaunischen Feldern. Eben nicht „Hauptsache anständig“, Hauptsache Feuer und Leidenschaft. Und man erlebt es hier und da, daß im Alter der verblichene Glanz eines jungen Gesichtes wieder durchkommt durch die Kette erfochtener Siege und gewonnener Schlachten, durch die Gewalt des Leidens. Und das Leiden ist oft ein großer Künstler, welcher den Marmorstein bebaut und behaut. „Bildhauer Gott, schlag zu! Ich bin der Stein“, läßt Konrad Ferdinand Meyer in einem Gedicht den Michelangelo sagen.

Sehen Sie, das ist Kunst! Und wir werden es vertiefen, weil das in einer Predigt nicht getan ist, daß dadurch nicht ein anderes Bewußtsein erzeugt wird, aber das Bedürfnis bei Ihnen, ein anderes Bewußtsein und einen anderen Anspruch in sich hervorzubringen. Sehen Sie, gerade die Darstellungen im vorigen Jahrhundert, die sogenannten künstlerischen Darstellungen Jesu, das waren Serienherstellungen, Klischeeherstellungen, weithin in Fabriken hergestellt, die Buddhas und Herz-Jesu Bilder und Marienbilder in Serienproduktion verkauften. Die Buddhas kamen nach Indien, und europäische Reisende nahmen sie dann von Indien wieder mit nach Hause im Wahn, sie hätten indische Kunst mitgebracht, In Wirklichkeit war es Made in Germany.

Das war etwas ganz Entsetzliches: Diese Klischeebilder waren nach Art eines Anspruches gefertigt, wie er bei den sogenannten Miss-Wahlen zum Ausdruck kommt, wenn die Miss Germany oder die Miss Universum gewählt wird: nach Ebenmäßigkeit genau gemessen, glatte Haut, wohl proportionierte Züge usw. – aber Nullgesichter. (Übrigens nicht alle  solche Schönheitsköniginnen haben Nullgesichter. Das weiß ich auch). Aber danach wird nicht gesehen, ob der Geist sprüht oder nicht, sondern vor allem glatt müssen die Gesichter sein.

Und diese Vorstellung, so müsse man Jesus darstellen – oval, glatt, mit einem Nullgesicht, mit einem wohlgeformten Bärtchen–, hat in den Seelen vieler schon von Jugend an unbewußt die Vorstellung hervorgerufen, so weibisch – nicht weiblich (weiblich ist etwas Herrliches), sondern weibisch –, so nichtssagend, so unmännlich, so ohne Ausstrahlung muß Jesus wohl ausgesehen haben.

Und das lockt natürlich keinen gesunden Hund hinterm Ofen hervor. Und darum sind gerade gebaute Menschen, rechtwinklig gebaute junge Menschen oft, sie wissen selbst nicht warum, ohne Interesse für diese Bereiche, weil unbewußt in ihnen, wenn sie „Jesus“ hören, dieses schaurig nichtssagende, feminine Gesicht vor ihnen auftaucht. Was das für einen Schaden angerichtet hat, ist unabsehbar – vom Jesusknaben ganz zu schweigen, diesem pathologischen Gebilde von einem Jungen mit dem Nachthemdchen, mit einem süßen Mädchenangesicht, eine Palme tragend.

Eltern, die so einen Jungen in die Welt setzen, werden wohl mit Schrecken alsbald dieses Gebilde zum Nervenarzt bringen und fragen, ob da noch was auszurichten wäre. Und das bietet man dann als Vorbild für Bravheit Kindern an, die von ihrem gesunden Instinkt her spielen und raufen und sportlich sein wollen usw. und denen es nicht darauf ankommt, mit wilder Gebärde Grenzen zu überschreiten, was mit Sünde rundherum nichts zu tun hat. Bravheit ist in sich kein moralischer Wert, sondern für sich gesehen ein Element des Langweiligen. Das alles muß eliminiert werden!

Und das war jahrhundertelang nicht so. Da gab es noch keine primitiven Menschen. sondern nur einfache Menschen. Der einfache Mensch ist übrigens etwas Herrliches – herrlich. Aber der primitive Mensch ist etwas Schreckliches. Schauen Sie sich die Kathedralen des Mittelalters an, schauen Sie sich die Gesichter des Christus an, in Stein gehauen! Was ist das für eine Gewalt, die aus diesen Gesichtern herausstrahlt, die Ikonen, die Christusgesichter in der Apsis der Basiliken usw., usw. Durch Jahrhunderte, in der Frühzeit und im hohen Mittelalter und noch bis in die beginnende Neuzeit hinein, war die wahre Kunst selbstverständlich für jeden Menschen da. Sie sangen Volkslieder. Und die Volkslieder sind Elemente höchster Kunst, im dichterischen wie im musikalischen, bis dann auf einmal im neunzehnten Jahrhundert alles zusammenbrach und man von Seiten der Hirten und Lehrer und Priester meinte, das sei ja alles gar nicht so wichtig, Hauptsache sei das fromme Herz, das durch solchen Anblick zu Anmutungen bewegt würde.

Welch ein Irrtum, welch ein grausamer, zerstörerischer Irrtum, der den Massenabfall mitbewirkt hat! Nun werden einige kommen und sagen: „Na, das ist aber immer noch besser als diese modernen Verrücktheiten, nicht wahr, wo man z.B. einen Orang-Utan am Kreuz sieht usw. und wo man überhaupt nicht weiß, wo man dran ist.“ Ich möchte das bezweifeln. Wenn einer eine moderne Verrücktheit sieht, weiß er wenigstens gleich, es ist verrückt. Aber wenn einer Kitsch sieht, meint er, das sei doch immerhin schön. Und vor allem wenn es bunt ist und strahlt und drum herum ein Kranz von Glühbirnen ist, so wie im Jahrmarkt, dann muß es doch schön sein, nicht wahr, dann ist es doch immerhin etwas Anmutendes. Das ist falsch. Das ist kein Vorwurf. An niemanden ist das irgendein Vorwurf, sondern es ist eine Diagnose. Und wir müssen uns hier wandeln.

Vieles muß gewandelt werden, gerade in unseren Reihen, damit, wenn die Stunde X schlägt, der Heilige Geist in der zusammengeschrumpften Kirche eine Phalanx hat solcher, die bereitstehen, nun wirklich etwas Zukunftsträchtiges zu bauen vom Geiste her. Denn der Geist ist das Senfkorn, das alles durchdringen muß, der Sauerteig, der alles durchsäuern muß, der Keim, der wachstumsfähig ist – nicht zu verwechseln mit dem Sauerteig des Schlechten.

Wenn ich nämlich das Gute, das Wahre, Wesenhafte mit dem Schlechten und Falschen vermische, wird immer das Falsche siegen. Ein Tröpfchen Gift vergiftet zwei Liter gute Suppe. Nicht die Mischung mit dem Schlechten, sondern die  Kraft, das vorgegebene Material, das in sich gut ist, ganz zu erneuern und zu verwandeln und zu durchdringen, das ist die Aufgabe im Wahren, im Guten und –ohne Dispens im Schönen. AMEN

Auszug aus einer Predigt von Pfarrer Hans Milch, 1982

Präfation zur Fastenzeit

PRÄFATION FUR DIE FASTENZEIT

Es ist in Wahrheit würdig und recht, billig und heilsam, Dir immer und überall dankzusagen, heiliger Herr, allmächtiger Vater, ewiger Gott. Durch das Fasten des Leibes unterdrückst Du die Sünde, erhebst Du den Geist, spendest Tugendkraft und Lohn: durch Christus, unsren Herrn. Durch Ihn loben die Engel Deine Majestät, die Herrschaften beten sie an, die Mächte verehren sie zitternd.

Die Himmel und die himmlischen Kräfte und die seligen Seraphim feiern sie jubelnd im Chore. Mit ihnen, so flehen wir, auch uns einstimmen und voll Ehrfurcht bekennen:

SANTCUS, SANTCUS, SANTCUS

Traditionelles Weihnachten

 

Unsere Kirche feiert verschiedene Feste, welche zum Herzen dringen. Man kann sich kaum etwas Lieblicheres denken als Pfingsten und kaum etwas Ernsteres und Heiligeres als Ostern. Das Traurige und Schwermütige der Karwoche und darauf das Feierliche des Sonntags begleiten uns durch das Leben.

Eines der schönsten Feste feiert die Kirche fast mitten im Winter, wo beinahe die längsten Nächte und kürzesten Tage sind, wo die Sonne am schiefsten gegen unsere Gefilde steht, und Schnee alle Fluren deckt, das Fest der Weihnacht.

Wie in vielen Ländern der Tag vor dem Geburtsfeste des Herrn der Christabend heißt, so heißt er bei uns der heilige Abend, der darauf folgende Tag der heilige Tag und die dazwischen liegende Nacht die Weihnacht. Die katholische Kirche begeht den Christtag als den Tag der Geburt des Heilands mit ihrer allergrößten kirchlichen Feier, in den meisten Gegenden wird schon die Mitternachtstunde als die Geburtsstunde des Herrn mit prangender Nachtfeier geheiligt, zu der die Glocken durch die stille winterliche Mitternachtluft laden, zu der die Bewohner mit Lichtern oder auf dunkeln wohlbekannten Pfaden aus schneeigen Bergen an bereiften Wäldern vorbei und durch knarrende Obstgärten zu der Kirche eilen, aus der die feierlichen Töne kommen, und die aus der Mitte des in beeiste Bäume gehüllten Dorfes mit den langen beleuchteten Fenstern emporragt.

Mit dem Kirchenfeste ist auch ein häusliches verbunden. Es hat sich fast in allen christlichen Ländern verbreitet, daß man den Kindern die Ankunft des Christkindleins – auch eines Kindes, des wunderbarsten, das je auf der Welt war – als ein heiteres glänzendes feierliches Ding zeigt, das durch das ganze Leben fortwirkt und manchmal noch spät im Alter bei trüben schwermütigen oder rührenden Erinnerungen gleichsam als Rückblick in die einstige Zeit mit den bunten schimmernden Fittichen durch den öden traurigen und ausgeleerten Nachthimmel fliegt.

Man pflegt den Kindern die Geschenke zu geben, die das heilige Christkindlein gebracht hat, um ihnen Freude zu machen. Das tut man gewöhnlich am heiligen Abende, wenn die tiefe Dämmerung eingetreten ist. Man zündet Lichter und meistens sehr viele an, die oft mit den kleinen Kerzlein auf den schönen grünen Ästen eines Tannen- oder Fichtenbäumchens schweben, das mitten in der Stube steht. Die Kinder dürfen nicht eher kommen, als bis das Zeichen gegeben wird, daß der heilige Christ zugegen gewesen ist und die Geschenke, die er mitgebracht, hinterlassen hat. Dann geht die Tür auf, die Kleinen dürfen hinein, und bei dem herrlichen schimmernden Lichterglanze sehen sie die Dinge auf dem Baume hängen oder auf dem Tische herumgebreitet, die alle Vorstellungen ihrer Einbildungskraft weit übertreffen, die sie sich nicht anzurühren getrauen, und die sie endlich, wenn sie sie bekommen haben, den ganzen Abend in ihren Ärmchen herumtragen und mit sich in das Bett nehmen.

Wenn sie dann zuweilen in ihre Träume hinein die Glockentöne der Mitternacht hören, durch welche die Großen in die Kirche zur Andacht gerufen werden, dann mag es ihnen sein, als zögen jetzt die Englein durch den Himmel, oder als kehre der heilige Christ nach Hause, welcher nunmehr bei allen Kindern gewesen ist und jedem von ihnen ein herrliches Geschenk hinterbracht hat.

Wenn dann der folgende Tag, der Christtag, kömmt, so ist er ihnen so feierlich, wenn sie frühmorgens mit ihren schönsten Kleidern angetan in der warmen Stube stehen, wenn der Vater und die Mutter sich zum Kirchgang schmücken, wenn zu Mittage ein feierliches Mahl ist, ein besseres als in jedem Tage des ganzen Jahres, und wenn nachmittags oder gegen den Abend hin Freunde und Bekannte kommen, auf den Stühlen und Bänken herumsitzen, miteinander reden und behaglich durch die Fenster in die Wintergegend hinausschauen können, wo entweder die langsamen Flocken niederfallen, oder ein trübender Nebel um die Berge steht, oder die blutrote kalte Sonne hinabsinkt. An verschiedenen Stellen der Stube, entweder auf einem Stühlchen oder auf der Bank oder auf dem Fensterbrettchen liegen die zaubrischen, nun aber schon bekannteren und vertrauteren Geschenke von gestern abend herum.

aus „Bergkristall“ von Adalbert Stifter

Dominus Jesus #06

Letzter Teil:

VI. Die Kirche und die Religionen im Hinblick auf das Heil

20. Von dem, was oben in Erinnerung gerufen wurde, ergeben sich auch einige notwendige Punkte für die Richtung, welche die theologische Reflexion einschlagen muss, um die Beziehung der Kirche und der Religionen mit dem Heil zu vertiefen.

Es ist vor allem fest zu glauben, dass die

  • »pilgernde Kirche zum Heile notwendig ist. Der eine Christus ist Mittler und Weg zum Heil, der in seinem Leib, der Kirche, uns gegenwärtig wird; indem er aber selbst mit ausdrücklichen Worten die Notwendigkeit des Glaubens und der Taufe betont hat (vgl. Mk 16,16; Joh 3,5), hat er zugleich die Notwendigkeit der Kirche, in die die Menschen durch die Taufe wie durch eine Türe eintreten, bekräftigt«.77

Diese Lehre darf nicht dem allgemeinen Heilswillen Gottes entgegengesetzt werden (vgl. 1 Tim 2,4); deswegen

  • »muss man diese beiden Wahrheiten zusammen gegenwärtig haben, die tatsächlich gegebene Möglichkeit des Heiles in Christus für alle Menschen und die Notwendigkeit der Kirche für dieses Heil«.78

Die Kirche ist das »allumfassende Heilssakrament«.79 Sie ist immer auf geheimnisvolle Weise mit dem Retter Jesus Christus, ihrem Haupt, verbunden und ihm untergeordnet, und hat deshalb im Plan Gottes eine unumgängliche Beziehung zum Heil eines jeden Menschen.80 Für jene, die nicht formell und sichtbar Glieder der Kirche sind, »ist das Heil in Christus zugänglich kraft der Gnade, die sie zwar nicht förmlich in die Kirche eingliedert — obschon sie geheimnisvoll mit ihr verbunden sind —, aber ihnen in angemessener Weise innerlich und äußerlich Licht bringt. Diese Gnade kommt von Christus, sie ist Frucht seines Opfers und wird vom Heiligen Geist geschenkt«.81 Sie steht in Beziehung zur Kirche, die »ihren Ursprung aus der Sendung des Sohnes und der Sendung des Heiligen Geistes herleitet gemäß dem Plan Gottes des Vaters«.82

21. Bezüglich der Weise, in der die heilbringende Gnade Gottes, die immer durch Christus im Heiligen Geist geschenkt wird und in geheimnisvoller Beziehung zur Kirche steht, die einzelnen Nichtchristen erreicht, stellt das Zweite Vatikanische Konzil lediglich fest, dass Gott sie schenkt »auf Wegen, die er weiß«.83 Die Theologie ist damit beschäftigt, dieses Thema zu vertiefen. Diese theologische Arbeit ist zu ermutigen, denn sie ist zweifellos nützlich für ein wachsendes Verständnis der Heilspläne Gottes und der Wege ihrer Verwirklichung. Doch aus dem bisher Gesagten über die Mittlerschaft Jesu Christi und über die »besondere und einzigartige Beziehung«84 zwischen der Kirche und dem Reich Gottes unter den Menschen — das im Wesentlichen das Reich des universalen Retters Jesus Christus ist —, geht klar hervor, dass es dem katholischen Glauben widerspräche, die Kirche als einen Heilsweg neben jenen in den anderen Religionen zu betrachten, die komplementär zur Kirche, ja im Grunde ihr gleichwertig wären, insofern sie mit dieser zum eschatologischen Reich Gottes konvergierten.

Gewiss enthalten und bieten die verschiedenen religiösen Traditionen Elemente der Religiosität, die von Gott kommen85 und zu dem gehören, was »der Geist im Herzen der Menschen und in der Geschichte der Völker, in den Kulturen und Religionen bewirkt«.86 Einige Gebete und Riten der anderen Religionen können tatsächlich die Annahme des Evangeliums vorbereiten, insofern sie Gelegenheiten bieten und dazu erziehen, dass die Herzen der Menschen angetrieben werden, sich dem Wirken Gottes zu öffnen.87 Man kann ihnen aber nicht einen göttlichen Ursprung oder eine Heilswirksamkeit ex opere operato zuerkennen, die den christlichen Sakramenten eigen ist.88 Es kann auch nicht geleugnet werden, dass andere Riten, insofern sie von abergläubischen Praktiken oder anderen Irrtümern abhängig sind (vgl. 1 Kor 10,20-21), eher ein Hindernis für das Heil darstellen.89

 

22. Mit dem Kommen Jesu Christi, des Retters, hat Gott die Kirche für das Heil aller Menschen eingesetzt (vgl. Apg 17,30_31).90 Diese Glaubenswahrheit nimmt nichts von der Tatsache weg, dass die Kirche die Religionen der Welt mit aufrichtiger Ehrfurcht betrachtet, schließt aber zugleich radikal jene Mentalität des Indifferentismus aus, die »durchdrungen ist von einem religiösen Relativismus, der zur Annahme führt, dass „eine Religion gleich viel gilt wie die andere“«.91 Wenn es auch wahr ist, dass die Nichtchristen die göttliche Gnade empfangen können, so ist doch gewiss, dass sie sich objektiv in einer schwer defizitären Situation befinden im Vergleich zu jenen, die in der Kirche die Fülle der Heilsmittel besitzen.92

  • »Alle Söhne der Kirche sollen aber dessen eingedenk sein, dass ihre ausgezeichnete Stellung nicht den eigenen Verdiensten, sondern der besonderen Gnade Christi zuzuschreiben ist; wenn sie ihr im Denken, Reden und Handeln nicht entsprechen, wird ihnen statt Heil strengeres Gericht zuteil«.93

Man versteht also, dass die Kirche in Treue zum Auftrag des Herrn (vgl. Mt 28,19-20) und als Forderung der Liebe zu allen Menschen

  • »unablässig verkündet und verkündigen muss Christus, der ist „der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6), in dem die Menschen die Fülle des religiösen Lebens finden, in dem Gott alles mit sich versöhnt hat«.94

Auch im interreligiösen Dialog behält die Sendung ad gentes »heute und immer… ihre ungeschmälerte Bedeutung und Notwendigkeit«.95

»Gott will ja, „dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen“ (1 Tim 2,4). Gott will, dass alle durch die Erkenntnis der Wahrheit das Heil erlangen. Das Heil liegt in der Wahrheit. Wer dem Antrieb des Geistes der Wahrheit gehorcht, ist schon auf dem Weg zum Heil; die Kirche aber, der diese Wahrheit anvertraut worden ist, muss dem Verlangen des Menschen entgegengehen und sie ihm bringen. Weil die Kirche an den allumfassenden Heilsratschluss Gottes glaubt, muss sie missionarisch sein«.96

Deswegen ist der Dialog, der zum Evangelisierungsauftrag gehört, nur eine der Tätigkeiten der Kirche in ihrer Sendung ad gentes.97 Die Parität, die Voraussetzung für den Dialog ist, bezieht sich auf die gleiche personale Würde der Partner, nicht auf die Lehrinhalte und noch weniger auf Jesus Christus, den menschgewordenen Sohn Gottes, im Vergleich zu den Gründern der anderen Religionen. Geführt von der Liebe und von der Achtung vor der Freiheit,98 muss sich die Kirche vorrangig darum bemühen, allen Menschen die Wahrheit, die durch den Herrn endgültig geoffenbart wurde, zu verkünden und sie aufzurufen, dass die Bekehrung zu Jesus Christus und die Zugehörigkeit zur Kirche durch die Taufe und die anderen Sakramente notwendig sind, um in voller Weise an der Gemeinschaft mit Gott dem Vater, dem Sohn und dem Heiligen Geist teilzuhaben. Die Pflicht und die Dringlichkeit, das Heil und die Bekehrung zum Herrn Jesus Christus zu verkünden, wird durch die Gewissheit des universalen Heilswillens Gottes nicht gelockert, sondern verstärkt.

 


 

Schluss

23. Die vorliegende Erklärung, in der einige Glaubenswahrheiten wieder vorgelegt und geklärt werden, will dem Beispiel des Apostels Paulus folgen, der an die Gläubigen in Korinth schreibt:

»Denn vor allem habe ich euch überliefert, was auch ich empfangen habe« (1 Kor 15,3).

In Anbetracht einiger problematischer oder auch irriger Ansätze ist die theologische Reflexion aufgerufen, den Glauben der Kirche neu zu bekräftigen und von ihrer Hoffnung überzeugend und eindringlich Rechenschaft zu geben.

Bei der Erörterung des Themas der wahren Religion stellten die Väter des Zweiten Vatikanischen Konzils fest:

»Diese einzige wahre Religion, so glauben wir, ist verwirklicht in der katholischen, apostolischen Kirche, die von Jesus dem Herrn den Auftrag erhalten hat, sie unter allen Menschen zu verbreiten. Er sprach ja zu den Aposteln: „Geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern; tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“ (Mt 28,19-20). Alle Menschen sind ihrerseits verpflichtet, die Wahrheit, besonders in dem, was Gott und seine Kirche angeht, zu suchen und die erkannte Wahrheit aufzunehmen und zu bewahren«.99

Die christliche Offenbarung wird in der Geschichte »der wahre Leitstern« 100 für die ganze Menschheit bleiben: »Die Wahrheit, die Christus ist, erscheint nötig als universale Autorität«. 101 Das christliche Mysterium überwindet jede Schranke von Zeit und Raum und verwirklicht die Einheit der Menschheitsfamilie:

»Von verschiedenen Orten und Traditionen sind alle in Christus dazu berufen, an der Einheit der Familie der Kinder Gottes teilzuhaben… Jesus reißt die trennenden Wände nieder und vollzieht auf einzigartige und erhabene Weise die Vereinigung durch die Teilhabe an seinem Geheimnis. Diese Einheit ist so tief, dass die Kirche mit dem heiligen Paulus sagen kann: „Ihr seid also jetzt nicht mehr Fremde ohne Bürgerrecht, sondern Mitbürger der Heiligen und Hausgenossen Gottes“ (Eph 2,19)«. 102

Papst Johannes Paul II. hat in der dem unterzeichneten Kardinalpräfekten am 16. Juni 2000 gewährten Audienz die vorliegende Erklärung, die in der Vollversammlung der Kongregation für die Glaubenslehre beschlossen worden war, mit sicherem Wissen und kraft seiner apostolischen Autorität bestätigt und bekräftigt und deren Veröffentlichung angeordnet.

Rom, am Sitz der Kongregation für die Glaubenslehre, am 6. August 2000, dem Fest der Verklärung des Herrn.

Joseph Kardinal Ratzinger

Präfekt


 

Erläuterungen

  1. I. Konzil von Konstantinopel, Konstantinopolitanisches Glaubensbekenntnis: DH 150.
  2. Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 1: AAS 83 (1991) 249.
  3. Vgl. II. Vat. Konzil, Dekret Ad gentes und Erklärung Nostra aetate; Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi; Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio.
  4. II. Vat. Konzil, Erklärung Nostra aetate, 2.
  5. Päpstlicher rat für den Interreligiösen Dialog und Kongregation für die Evangelisierung der Völker, Instruktion Dialog und Verkündigung, 29: AAS 84 (1992) 424; vgl. II. Vat. Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 22.
  6. Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 55: AAS 83 (1991) 302_304.
  7. Vgl. Päpstlicher rat für den Interreligiösen dialog und Kongregation für die Evangelisierung der Völker, Instruktion Dialog und Verkündigung, 9: AAS 84 (1992) 417f.
  8. Johannes Paul II., Enzyklika Fides et ratio, 5: AAS 91 (1999) 9.
  9. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Dei verbum, 2.
  10. Ebd., 4.
  11. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 5: AAS 83 (1991) 254.
  12. Johannes Paul II., Enzyklika Fides et ratio, 14: AAS 91 (1999) 17.
  13. Konzil von Chalzedon, Glaubensbekenntnis von Chalzedon: DH 301; vgl. Hl. Athanasius von Alexandrien, De Incarnatione, 54, 3: SC 199, 458.
  14. Vgl. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Dei verbum, 4.
  15. Ebd., 5.
  16. Ebd.
  17. Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 144.
  18. Ebd., 150.
  19. Ebd., 153.
  20. Ebd., 178.
  21. Johannes Paul II., Enzyklika Fides et ratio, 13: AAS 91 (1999) 15.
  22. Vgl. ebd., 31_32: a.a.O. 29f.
  23. II. Vat. Konzil, Erklärung Nostra aetate, 2; vgl. auch Dekret Ad gentes, 9, wo die Rede ist vom Guten, das sich »in den jeweiligen Riten und Kulturen der Völker« findet; Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 16, wo auf das Gute und Wahre unter den Nichtchristen verwiesen wird, das als Vorbereitung für die Annahme des Evangeliums betrachtet werden kann.
  24. Vgl. Konzil von Trient, Dekret über die Annahme der heiligen Bücher und der Überlieferungen: DH 1501; I. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Dei Filius, cap. 2: DH 3006.
  25. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Dei verbum, 11.
  26. Ebd.
  27. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 55: AAS 83 (1991) 302f.; vgl. auch ebd., 56: a.a.O. 304f.; Paul VI., Apostolisches Schreiben Evangelii nuntiandi, 53: AAS 68 (1976) 41f.
  28. I. Konzil von Nizäa, Nizänisches Glaubensbekenntnis: DH 125.
  29. Konzil von Chalzedon, Glaubensbekenntnis von Chalzedon: DH 301.
  30. II. Vat. Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 22.
  31. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 6: AAS 83 (1991) 254f.
  32. Vgl. Hl. Leo der Große, Brief Lectis dilectionis tuae an Flavian: DH 294.
  33. Vgl. Hl. Leo der Große, Brief Promisisse me memini an Kaiser Leon I.: DH 318: »Die Gottheit und die Menschheit (wurden) schon bei der Emfängnis der Jungfrau selbst in einer solch großen Einheit verwoben, dass weder die göttlichen Werke ohne den Menschen noch die menschlichen Werke ohne Gott getan wurden«. Vgl. auch ebd.: DH 317.
  34. II. Vat. Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 45; vgl. auch Konzil von Trient, Dekret über die Ursünde, 3: DH 1513.
  35. Vgl. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 3f.
  36. Vgl., ebd., 7. Der heilige Irenäus schreibt, dass in der Kirche »die Gemeinschaft mit Christus niedergelegt ist, das heißt der Heilige Geist« (Adversus haereses 3, 24, 1: SC 211, 472).
  37. Vgl. II. Vat. Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 22.
  38. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 28: AAS 83 (1991) 274. Zu den »Samen des Wortes« vgl. auch Hl. Justin, 2. Apologia 8,1_2; 10,1_3; 13,3_6: E.J. Goodspeed (Hg.), 84, 85, 88_89.
  39. Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 28_29: AAS 83 (1991) 273_275.
  40. Ebd., 29: a.a.O. 275.
  41. Ebd., 5: a.a.O. 254.
  42. II. Vat. Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 10. Der heilige Augustinus schreibt: Außerhalb von Christus, »dem universalen Heilsweg…, der dem menschlichen Geschlecht niemals fehlte…, hat niemand das Heil erlangt, erlangt es niemand und wird es niemand je erlangen« (De civitate Dei 10, 32, 2: CCL 47, 312).
  43. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 62.
  44. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 5: AAS 83 (1991) 254.
  45. II. Vat. Konzil, Pastoralkonstitution Gaudium et spes, 45. Die notwendige und absolute Einzigartigkeit und Universalität Christi in der menschlichen Geschichte wird sehr treffend vom heiligen Irenäus in der Betrachtung des Vorranges Jesu als des Erstgeborenen zum Ausdruck gebracht: »Im Himmel lenkt und leitet das vollkommene Wort als der Erstgeborene aus dem Gedanken des Vaters persönlich alle Dinge; auf der Erde ist er als der Erstgeborene der Jungfrau der Gerechte und Heilige, der Knecht Gottes, Gott wohlgefällig, vollkommen in allem; indem er alle, die ihm folgen, aus dem Reich des Todes rettet, ist er als der Erstgeborene der Toten das Haupt und die Quelle des göttlichen Lebens« (Demonstratio apostolica, 39: SC 406, 138).
  46. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 6: AAS 83 (1991) 255.
  47. Vgl. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 14.
  48. Vgl. ebd., 7.
  49. Hl. Augustinus, Enarratio in Psalmos, Ps. 90, Sermo 2,1: CCL 39, 1266; Hl. Gregor der Grosse, Moralia in Iob, Praefatio, 6,14: PL 75, 525; Hl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae, III, q. 48, a. 2 ad 1.
  50. Vgl. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 6.
  51. Großes Glaubensbekenntnis der armenischen Kirche: DH 48; vgl. Bonifatius VIII., Bulle Unam sanctam: DH 870_872; II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 8.
  52. Vgl. II. Vat. Konzil, Dekret Unitatis redintegratio, 4; Johannes Paul II., Enzyklika Ut unum sint, 11: AAS 87 (1995) 927.
  53. Vgl. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 20; vgl. auch Hl. Irenäus, Adversus haereses, III, 3, 1_3: SC 211, 20_44; Hl. Cyprian, Epist. 33, 1: CCL 3B, 164_165; Hl. Augustinus, Contra advers. legis et prophet., 1, 20, 39: CCL 49, 70.
  54. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 8.
  55. Ebd., 8; vgl. ebd., 15; Dekret Unitatis redintegratio, 3; Johannes Paul II., Enzyklika Ut unum sint, 13: AAS 87 (1995) 928f.
  56. Der authentischen Bedeutung des Konzilstextes widerspricht deshalb die Interpretation jener, die von der Formel »subsistit in« die Meinung ableiten, dass die einzige Kirche Christi auch in anderen christlichen Kirchen verwirklicht sein könnte. »Das Konzil hingegen hatte das Wort „subsistit“ gerade deshalb gewählt, um klarzustellen, dass nur eine einzige „Subsistenz“ der wahren Kirche besteht, während es außerhalb ihres sichtbaren Gefüges lediglich „Elemente des Kircheseins“ gibt, die — da sie Elemente derselben Kirche sind — zur katholischen Kirche tendieren und hinführen« (Kongregation für die Glaubenslehre, Notifikation zu dem Buch »Kirche: Charisma und Macht. Versuch einer militanten Ekklesiologie« von P. Leonardo Boff OFM: AAS 77 [1985] 758f.).
  57. II. Vat. Konzil, Dekret Unitatis redintegratio, 3.
  58. Vgl. Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung Mysterium Ecclesiae, 1: AAS 65 (1973) 396_398.
  59. Vgl. II. Vat. Konzil, Dekret Unitatis redintegratio, 14 und 15; Kongregation für die Glaubenslehre, Schreiben Communionis notio, 17: AAS 85 (1993) 848.
  60. Vgl. I. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Pastor aeternus: DH 3053_3064; II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 22.
  61. Vgl. II. Vat. Konzil, Dekret Unitatis redintegratio, 22.
  62. (Vgl. ebd., 3.
  63. Vgl. ebd., 22.
  64. Kongregation für die Glaubenslehre, Erklärung Mysterium Ecclesiae, 1: AAS 65 (1973) 398.
  65. Johannes Paul II., Enzyklika Ut unum sint, 14: AAS 87 (1995) 929.
  66. II. Vat. Konzil, Erklärung Unitatis redintegratio, 3.
  67. Kongregation für die Glaubenslehre; Schreiben Communionis notio, 17: AAS 85 (1993) 849; vgl. II. Vat. Konzil, Dekret Unitatis redintegratio, 4.
  68. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 5.
  69. Ebd., 1.
  70. Ebd., 4; vgl. Hl. Cyprian, De Dominica oratione, 23: CCL 3A, 105.
  71. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 3.
  72. Vgl. ebd., 9. Ein an Gott gerichtetes Gebet in der Didaché 9,4 (SC 248, 176) lautet: »Deine Kirche werde von den Enden der Erde zusammengebracht in dein Reich«. In der Didaché 10,5 (SC 248, 180) heißt es: »Gedenke, o Herr, deiner Kirche … und führe sie zusammen von den vier Winden, die Geheiligte, in dein Reich, das du für sie bereitet hast«.
  73. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 18: AAS 83 (1991) 265f.; vgl. Apostolisches Schreiben Ecclesia in Asia, 17: L’Osservatore Romano, 7. November 1999, VII. Das Reich ist dermaßen untrennbar von Christus, dass es in gewisser Weise mit ihm identisch ist. Vgl. Origenes, In Mt. Hom., 14,7: PG 13, 1197; Tertullian, Adversus Marcionem, IV, 33,8: CCL 1, 634.
  74. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 18: AAS 83 (1991) 266.
  75. Ebd., 15: a.a.O. 263.
  76. Ebd., 17: a.a.O. 264f.
  77. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 14; vgl. Dekret Ad gentes, 7; Dekret Unitatis redintegratio, 3.
  78. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 9: AAS 83 (1991) 258; vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 846_847.
  79. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 48.
  80. Vgl. Hl. Cyprian, De catholicae unitate ecclesiae, 6: CCL 3, 253_254; HL. Irenäus, Adversus haereses, III, 24, 1: SC 211, 472_474.
  81. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 10: AAS 83 (1991) 258.
  82. II. Vat. Konzil, Dekret Ad gentes, 2. In dem hier erklärten Sinn muss auch die bekannte Formel »Extra Ecclesiam nullus omnino salvatur« (IV. Konzil im Lateran, Kap. 1. Der katholische Glaube: DH 802) interpretiert werden. Vgl. auch den Brief des Hl. Offiziums an den Erzbischof von Boston: DH 3866_3872.
  83. II. Vat. Konzil, Dekret Ad gentes, 7.
  84. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 18: AAS 83 (1991) 266.
  85. Dies sind die Samen des göttlichen Wortes (»semina Verbi«), die von der Kirche mit Freude und Ehrfurcht anerkannt werden. Vgl. II. Vat. Konzil, Dekret Ad gentes, 11; Erklärung Nostra aetate, 2.
  86. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 29: AAS 83 (1991) 275.
  87. Vgl. ebd.; Katechismus der Katholischen Kirche, 843.
  88. Vgl. Konzil von Trient, Dekret über die Sakramente, Kan. 8 über die Sakramente im Allgemeinen: DH 1608.
  89. Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 55: AAS 83 (1991) 302_304.
  90. Vgl. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 17; Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 11: AAS 83 (1991) 259f.
  91. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 36: AAS 83 (1991) 281.
  92. Vgl. Pius XII., Enzyklika Mystici corporis: DH 3821.
  93. II. Vat. Konzil, Dogmatische Konstitution Lumen gentium, 14.
  94. II. Vat. Konzil, Erklärung Nostra aetate, 2.
  95. II. Vat. Konzil, Dekret Ad gentes, 7.
  96. Katechismus der Katholischen Kirche, 851; vgl. auch ebd. 849_856.
  97. Vgl. Johannes Paul II., Enzyklika Redemptoris missio, 55: AAS 83 (1991) 302_304; Apostolisches Schreiben Ecclesia in Asia, 31: L’Osservatore Romano, 7. November 1999, XIII.
  98. Vgl. II. Vat. Konzil, Erklärung Dignitatis humanae, 1.
  99. Ebd.
  100. Johannes Paul II., Enzyklika Fides et ratio, 15: AAS 91 (1999) 17.
  101. Ebd., 92: a.a.O. 77f.
  102. Ebd., 70: a.a.O. 59

Download als pdf: Erklärung Dominus Jesus

 

Dominus Jesus #05

St.Paul.Fassade
wird fortgesetzt:

IV. Einzigkeit und Einheit der Kirche

16. Der Herr Jesus, der einzige Erlöser, hat nicht eine bloße Gemeinschaft von Gläubigen gestiftet. Er hat die Kirche als Heilsmysterium gegründet: Er selbst ist in der Kirche und die Kirche ist in ihm (vgl. Joh 15,1ff.; Gal 3,28; Eph 4,15-16; Apg 9,5); deswegen gehört die Fülle des Heilsmysteriums Christi auch zur Kirche, die untrennbar mit ihrem Herrn verbunden ist. Denn Jesus Christus setzt seine Gegenwart und sein Heilswerk in der Kirche und durch die Kirche fort (vgl. Kol 1,24-27),47 die sein Leib ist (vgl. 1 Kor 12,12-13.27; Kol 1,18).48 Wie das Haupt und die Glieder eines lebendigen Leibes zwar nicht identisch sind, aber auch nicht getrennt werden können, dürfen Christus und die Kirche nicht miteinander verwechselt, aber auch nicht voneinander getrennt werden. Sie bilden zusammen den einzigen »ganzen Christus«.49 Diese Untrennbarkeit kommt im Neuen Testament auch durch die Analogie der Kirche als der Braut Christi zum Ausdruck (vgl. 2 Kor 11,2; Eph 5,25-29; Offb 21,2.9).50

Deshalb muss in Verbindung mit der Einzigkeit und der Universalität der Heilsmittlerschaft Jesu Christi die Einzigkeit der von ihm gestifteten Kirche als Wahrheit des katholischen Glaubens fest geglaubt werden. Wie es nur einen einzigen Christus gibt, so gibt es nur einen einzigen Leib Christi, eine einzige Braut Christi: »die eine alleinige katholische und apostolische Kirche«.51 Die Verheißungen des Herrn, seine Kirche nie zu verlassen (vgl. Mt 16,18; 28,20) und sie mit seinem Geist zu führen (vgl. Joh 16,13), beinhalten darüber hinaus nach katholischem Glauben, dass die Einzigkeit und die Einheit der Kirche sowie alles, was zu ihrer Integrität gehört, niemals zerstört werden.52

Die Gläubigen sind angehalten zu bekennen, dass es eine geschichtliche, in der apostolischen Sukzession verwurzelte Kontinuität53 zwischen der von Christus gestifteten und der katholischen Kirche gibt:

»Dies ist die einzige Kirche Christi… Sie zu weiden, hat unser Erlöser nach seiner Auferstehung dem Petrus übertragen (vgl. Joh 21,17), ihm und den übrigen Aposteln hat er ihre Ausbreitung und Leitung anvertraut (vgl. Mt 28,18ff.), für immer hat er sie als „die Säule und das Fundament der Wahrheit“ (1 Tim 3,15) errichtet. Diese Kirche, in dieser Welt als Gesellschaft verfasst und geordnet, ist verwirklicht [subsistit in] in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird«.54

Mit dem Ausdruck »subsistit in« wollte das Zweite Vatikanische Konzil zwei Lehrsätze miteinander in Einklang bringen: auf der einen Seite, dass die Kirche Christi trotz der Spaltungen der Christen voll nur in der katholischen Kirche weiterbesteht, und auf der anderen Seite, »dass außerhalb ihres sichtbaren Gefüges vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit zu finden sind«,55 nämlich in den Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, die nicht in voller Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen.56 Bezüglich dieser Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften ist festzuhalten, dass »deren Wirksamkeit sich von der der katholischen Kirche anvertrauten Fülle der Gnade und Wahrheit herleitet«.57

17. Es gibt also eine einzige Kirche Christi, die in der katholischen Kirche subsistiert und vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird.58 Die Kirchen, die zwar nicht in vollkommener Gemeinschaft mit der katholischen Kirche stehen, aber durch engste Bande, wie die apostolische Sukzession und die gültige Eucharistie, mit ihr verbunden bleiben, sind echte Teilkirchen.59 Deshalb ist die Kirche Christi auch in diesen Kirchen gegenwärtig und wirksam, obwohl ihnen die volle Gemeinschaft mit der katholischen Kirche fehlt, insofern sie die katholische Lehre vom Primat nicht annehmen, den der Bischof von Rom nach Gottes Willen objektiv innehat und über die ganze Kirche ausübt.60

Die kirchlichen Gemeinschaften hingegen, die den gültigen Episkopat und die ursprüngliche und vollständige Wirklichkeit des eucharistischen Mysteriums nicht bewahrt haben,61 sind nicht Kirchen im eigentlichen Sinn; die in diesen Gemeinschaften Getauften sind aber durch die Taufe Christus eingegliedert und stehen deshalb in einer gewissen, wenn auch nicht vollkommenen Gemeinschaft mit der Kirche.62 Die Taufe zielt nämlich hin auf die volle Entfaltung des Lebens in Christus durch das vollständige Bekenntnis des Glaubens, die Eucharistie und die volle Gemeinschaft in der Kirche.63

»Daher dürfen die Christgläubigen sich nicht vorstellen, die Kirche Christi sei nichts anderes als eine gewisse Summe von Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften — zwar getrennt, aber noch irgendwie eine; und es steht ihnen keineswegs frei anzunehmen, die Kirche Christi bestehe heute in Wahrheit nirgendwo mehr, sondern sei nur als ein Ziel zu betrachten, das alle Kirchen und Gemeinschaften suchen müssen«.64

  • In Wirklichkeit »existieren die Elemente dieser bereits gegebenen Kirche in ihrer ganzen Fülle in der katholischen Kirche und noch nicht in dieser Fülle in den anderen Gemeinschaften«.65
  • Deswegen »sind diese getrennten Kirchen und Gemeinschaften trotz der Mängel, die ihnen nach unserem Glauben anhaften, nicht ohne Bedeutung und Gewicht im Geheimnis des Heiles. Denn der Geist Christi hat sich gewürdigt, sie als Mittel des Heiles zu gebrauchen, deren Wirksamkeit sich von der der katholischen Kirche anvertrauten Fülle der Gnade und Wahrheit herleitet«.66

Die fehlende Einheit unter den Christen ist gewiss eine Wunde für die Kirche; doch nicht in dem Sinn, dass ihre Einheit nicht da wäre, sondern »insofern es sie hindert, ihre Universalität in der Geschichte voll zu verwirklichen«.67

 

V. Kirche, Reich Gottes und Reich Christi

18. Die Kirche ist gesandt, »das Reich Christi und Gottes anzukündigen und in allen Völkern zu begründen. So stellt sie Keim und Anfang dieses Reiches auf Erden dar«.68 Auf der einen Seite ist die Kirche »Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit«;69 sie ist darum Zeichen und Werkzeug für das Reich, sie ist gerufen, es zu verkünden und zu begründen. Auf der anderen Seite ist die Kirche »das von der Einheit des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes her geeinte Volk«;70 sie ist also »das im Mysterium schon gegenwärtige Reich Christi«71 und bildet deshalb seinen Keim und seinen Anfang. Das Reich Gottes hat eine eschatologische Dimension: es ist eine in der Zeit gegenwärtige Wirklichkeit, aber seine volle Verwirklichung wird erst mit dem Ende bzw. der Erfüllung der Geschichte kommen.72

Von den biblischen Texten und den patristischen Zeugnissen wie auch von den Dokumenten des Lehramts der Kirche kann man für die Ausdrücke Himmelreich, Reich Gottes und Reich Christi keine ganz eindeutigen Bedeutungsinhalte ableiten, auch nicht von ihrer Beziehung zur Kirche, die selbst Mysterium ist und nicht gänzlich mit einem menschlichen Begriff erfasst werden kann. Es sind deswegen verschiedene theologische Erklärungen dieser Themen zulässig. Keine dieser möglichen Erklärungen darf jedoch die innige Verbundenheit zwischen Christus, dem Reich und der Kirche leugnen oder in irgendeiner Weise aushöhlen. In Wirklichkeit kann

  • »das Reich Gottes, wie wir es von der Offenbarung her kennen, weder von Christus noch von der Kirche losgelöst werden… Wenn man das Reich von der Person Jesu trennt, hat man nicht mehr das von ihm geoffenbarte Reich Gottes, man verkehrt schließlich entweder den Sinn des Reiches, das ein rein menschliches oder ideologisches Objekt zu werden droht, oder man verfälscht die Identität Christi, der nicht mehr als der Herr, dem alles unterzuordnen ist, erscheint (vgl. 1 Kor 15,27). Ebenso kann man das Reich nicht von der Kirche loslösen. Gewiss, sie ist nicht selbst Ziel, da sie auf das Reich Gottes hingeordnet ist, dessen Wirklichkeit sie keimhaft und zeichenhaft darstellt und dessen Werkzeug sie ist. Aber bei aller Unterscheidung zwischen Kirche einerseits und Christus und Reich andererseits, bleibt die Kirche doch untrennbar mit beiden verbunden«.73

19. Die untrennbare Beziehung zwischen Kirche und Reich bekräftigen, heißt aber nicht vergessen, dass das Reich Gottes — auch wenn es in seiner geschichtlichen Phase betrachtet wird — nicht mit der Kirche in ihrer sichtbaren und gesellschaftlichen Wirklichkeit identisch ist. Es ist nämlich nicht richtig, wenn man das Werk Christi und des Geistes »auf ihre [der Kirche] sichtbaren Grenzen einengt«.74 Man muss deshalb auch berücksichtigen, dass »das Reich alle einbezieht: die einzelnen, die Gesellschaft, die ganze Welt. Für das Reich wirken bedeutet Anerkennung und Förderung der göttlichen Dynamik, die in der Geschichte der Menschheit anwesend ist und sie umformt. Das Reich aufbauen bedeutet arbeiten zur Befreiung vom Übel in allen seinen Formen. Das Reich Gottes ist letztlich die Offenbarung und Verwirklichung seiner Heilsabsicht in ganzer Fülle«.75

In der Erörterung der Beziehungen zwischen Reich Gottes, Reich Christi und Kirche ist es indes notwendig, einseitige Akzentuierungen zu vermeiden, was bei jenen Ansichten der Fall ist,

»die eindeutig den Akzent auf das Reich legen und sich als „reich-zentriert“ bezeichnen. Sie wollen das Bild einer Kirche entwerfen, die nicht an sich selbst denkt, die vielmehr ganz damit befasst ist, Zeugnis vom Reich zu geben und ihm zu dienen. Sie ist eine „Kirche für die anderen“, so sagt man, wie Christus der „Mensch für die anderen“ ist… Neben positiven Aspekten bieten diese Auffassungen oft negative Seiten. Insbesondere übergehen sie die Person Christi mit Schweigen: das Reich, von dem sie sprechen, gründet sich auf eine „Theozentrik“, weil — wie sie sagen — Christus von jenen nicht verstanden werden kann, die nicht den christlichen Glauben haben, während verschiedene Völker, Kulturen und Religionen in einer einzigen göttlichen Wirklichkeit, wie immer diese genannt werden mag, sich wiederfinden können. Aus dem gleichen Grund geben sie dem Geheimnis der Schöpfung den Vorzug, das sich in der Verschiedenheit der Kulturen und religiösen Anschauungen widerspiegelt, sagen aber nichts über das Geheimnis der Erlösung. Darüber hinaus erliegt das Reich, wie sie es verstehen, der Gefahr, die Kirche an den Rand zu drängen oder sie unterzubewerten, als Reaktion auf eine vermeintliche „Ekklesiozentrik“ in der Vergangenheit, und weil sie die Kirche als bloßes Zeichen betrachten, das im übrigen nicht frei ist von Zweideutigkeiten«.76

Solche Auffassungen widersprechen dem katholischen Glauben, weil sie die einzigartige Beziehung leugnen, die zwischen Christus, der Kirche und dem Reich Gottes besteht.

Fortsetzung folgt …

Dominus Jesus #04


wird fortgesetzt:

 

III. Einzigkeit und Universalität des Heilsmysteriums Jesu Christi

13. Gemäß einer wiederholt vertretenen Auffassung wird auch die Einzigkeit und die Heilsuniversalität des Mysteriums Jesu Christi geleugnet. Diese Auffassung hat keinerlei biblische Grundlage. Es gehört nämlich zum beständigen Glaubensgut der Kirche und ist fest zu glauben, dass Jesus Christus, der Sohn Gottes, der Herr und der einzige Erlöser ist, der durch seine Menschwerdung, seinen Tod und seine Auferstehung die Heilsgeschichte, die in ihm ihre Fülle und ihren Mittelpunkt findet, zur Vollendung gebracht hat.

Dies wird klar durch die neutestamentlichen Zeugnisse bestätigt:

  • »Der Vater hat den Sohn gesandt als den Retter der Welt« (1 Joh 4,14).
  • »Seht, das Lamm Gottes, das die Sünde der Welt hinwegnimmt« (Joh 1,29).

Zur Rechtfertigung der im Namen Jesu erfolgten Heilung des Mannes, der von Geburt an gelähmt war (vgl. Apg 3,1-8), verkündet Petrus:

  • »In keinem anderen ist das Heil zu finden. Denn es ist uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben, durch den wir gerettet werden sollen« (Apg 4,12).

Derselbe Apostel bezeugt, dass Jesus Christus »der Herr aller« ist, »der von Gott eingesetzte Richter der Lebenden und der Toten«, weshalb »jeder, der an ihn glaubt, durch seinen Namen die Vergebung der Sünden empfängt« (Apg 10,36.42.43).

Paulus schreibt an die Gemeinde von Korinth:

  • »Selbst wenn es im Himmel oder auf der Erde sogenannte Götter gibt — und solche Götter und Herren gibt es viele —, so haben doch wir nur einen Gott, den Vater. Von Ihm stammt alles, und wir leben auf ihn hin. Und einer ist der Herr: Jesus Christus. Durch ihn ist alles, und wir sind durch ihn« (1 Kor 8,5-6).

Auch der Apostel Johannes bestätigt:

  • »Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat. Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet, sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird« (Joh 3,16-17).

Im Neuen Testament wird der universale Heilswille Gottes eng an die einzige Mittlerschaft Christi gebunden:

  • »Er [Gott] will, dass alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen. Denn: Einer ist Gott, Einer auch Mittler zwischen Gott und den Menschen: der Mensch Christus Jesus, der sich als Lösegeld hingegeben hat für alle« (1 Tim 2,4-6).

Die ersten Christen waren sich dieser einzigartigen und universalen, vom Vater durch Jesus Christus im Geist angebotenen Heilsgabe bewusst. Sie wandten sich an Israel und verwiesen auf die Vollendung des Heils, das über das Gesetz hinausgeht. Sie traten auch der damaligen heidnischen Welt entgegen, die durch eine Vielzahl von Heilsgöttern nach der Erlösung strebte. Dieses Glaubensgut hat das Lehramt der Kirche wiederum vorgelegt:

»Die Kirche glaubt: Christus, der für alle starb und auferstand (vgl. 2 Kor 5,15), schenkt dem Menschen Licht und Kraft durch seinen Geist, damit er seiner höchsten Berufung nachkommen kann; es ist kein anderer Name unter dem Himmel den Menschen gegeben, in dem sie gerettet werden sollen (vgl. Apg 4,12). Sie glaubt ferner, dass in ihrem Herrn und Meister der Schlüssel, der Mittelpunkt und das Ziel der ganzen Menschheitsgeschichte gegeben ist«.42

 

14. Es ist deshalb als Wahrheit des katholischen Glaubens fest zu glauben, dass der universale Heilswille des einen und dreifaltigen Gottes ein für allemal im Mysterium der Inkarnation, des Todes und der Auferstehung des Sohnes Gottes angeboten und Wirklichkeit geworden ist.

Unter Beachtung dieses Glaubenssatzes ist die Theologie heute eingeladen, über das Vorhandensein anderer religiöser Erfahrungen und ihrer Bedeutung im Heilsplan Gottes nachzudenken und zu erforschen, ob und wie auch Gestalten und positive Elemente anderer Religionen zum göttlichen Heilsplan gehören können. In diesem Bereich gibt es für die theologische Forschung unter Führung des Lehramtes der Kirche ein weites Arbeitsfeld. Das Zweite Vatikanische Konzil hat nämlich festgestellt, dass »die Einzigkeit der Mittlerschaft des Erlösers im geschöpflichen Bereich eine unterschiedliche Teilnahme an der einzigen Quelle in der Mitwirkung nicht ausschließt, sondern sie erweckt«.43 Es bedarf einer vertieften Anstrengung zu ergründen, was diese teilhabende Mittlerschaft bedeutet, die jedoch immer vom Prinzip der einzigen Mittlerschaft Christi normiert bleiben muss:

  • »Andere Mittlertätigkeiten verschiedener Art und Ordnung, die an seiner Mittlerschaft teilhaben, werden nicht ausgeschlossen, aber sie haben Bedeutung und Wert allein in Verbindung mit der Mittlerschaft Christi und können nicht als gleichrangig und komplementär betrachtet werden«.44

 

Im Gegensatz zum christlichen und katholischen Glauben stehen jedoch Lösungsvorschläge, die ein Heilswirken Gottes außerhalb der einzigen Mittlerschaft Christi annehmen.

 

15. Nicht selten wird der Vorschlag gemacht, in der Theologie Ausdrücke wie »Einzigkeit«, »Universalität« oder »Absolutheit« zu vermeiden, weil dadurch der Eindruck entstünde, die Bedeutung und der Wert des Heilsereignisses Jesu Christi würde gegenüber den anderen Religionen in übertriebener Weise betont. In Wirklichkeit bringen diese Worte nur die Treue zum Offenbarungsgut zum Ausdruck, weil sie sich aus den Glaubensquellen selbst ergeben. Von Anfang an hat die Gemeinschaft der Gläubigen Jesus eine Heilsbedeutung zuerkannt, gemäß der er allein — als menschgewordener, gekreuzigter und auferstandener Sohn Gottes — durch die Sendung, die er vom Vater erhalten hat, und in der Kraft des Heiligen Geistes das Ziel hat, der ganzen Menschheit und jedem Menschen die Offenbarung (vgl. Mt 11,27) und das göttliche Leben (vgl. Joh 1,12; 5,25-26; 17,2) zu schenken.

In diesem Sinn kann und muss man sagen, dass Jesus Christus für das Menschengeschlecht und seine Geschichte eine herausragende und einmalige, nur ihm eigene, ausschließliche, universale und absolute Bedeutung und Wichtigkeit hat. Jesus ist nämlich das Wort Gottes, das für das Heil aller Mensch geworden ist. Das Zweite Vatikanische Konzil greift dieses Glaubensbewusstsein auf und lehrt:

»Gottes Wort, durch das alles geschaffen ist, ist selbst Fleisch geworden, um in vollkommenem Menschsein alle zu retten und das All zusammenzufassen. Der Herr ist das Ziel der menschlichen Geschichte, der Punkt auf den hin alle Bestrebungen der Geschichte und der Kultur konvergieren, der Mittelpunkt der Menschheit, die Freude aller Herzen und die Erfüllung ihrer Sehnsüchte. Ihn hat der Vater von den Toten auferweckt, erhöht und zu seiner Rechten gesetzt; ihn hat er zum Richter der Lebendigen und Toten bestellt«.45

»Gerade diese Einzigartigkeit Christi ist es, die ihm eine absolute und universale Bedeutung verleiht, durch die er, obwohl selbst Teil der Geschichte, Mitte und Ziel der Geschichte selbst ist: „Ich bin das Alpha und das Omega, der erste und der letzte, der Anfang und das Ende“ (Offb 22,13)«.46

Fortsetzung folgt …

Dominus Jesus #03


Wird fortgesetzt:

II. Der fleischgewordene Logos und der Heilige Geist im Heilswerk

9. In der gegenwärtigen theologischen Diskussion wird Jesus von Nazareth oft als eine besondere historische Gestalt angesehen, die begrenzt ist und das Göttliche in einem Maß geoffenbart hat, das nicht exklusiv ist, sondern komplementär zu anderen Offenbarungs- und Heilsgestalten. Das Unendliche, das Absolute, das letzte Mysterium Gottes zeige sich der Menschheit in vielen Weisen und in vielen historischen Gestalten, Jesus von Nazareth sei eine von ihnen. Er sei — so noch konkreter — eines von den vielen Gesichtern, das der Logos im Laufe der Zeit angenommen habe, um der Menschheit das Heil zu vermitteln.

Um einerseits die Universalität des christlichen Heils und andererseits die Tatsache des religiösen Pluralismus zu rechtfertigen, wird darüber hinaus unterschieden zwischen einer Heilsordnung des ewigen Wortes, die auch außerhalb der Kirche und ohne Beziehung zu ihr gelte, und einer Heilsordnung des fleischgewordenen Wortes. Die erstgenannte Heilsordnung sei universaler als die zweite, die sich auf die Christen allein beschränke, auch wenn Gott in ihr in reicherem Maß gegenwärtig sei.

10. Diese Ansichten sind dem christlichen Glauben gänzlich entgegengesetzt. Es ist nämlich fest zu glauben, dass Jesus von Nazareth, der Sohn Marias, und nur er, der Sohn und das Wort des Vaters ist. Das Wort, das »im Anfang bei Gott war« (Joh 1,2), ist dasselbe, das »Fleisch geworden ist« (Joh 1,14). Jesus ist »der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes« (Mt 16,16); »in ihm allein wohnt wirklich die ganze Fülle Gottes« (Kol 2,9). Er ist »der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht« (Joh 1,18). »Durch ihn haben wir die Erlösung… Denn Gott wollte mit seiner ganzen Fülle in ihm wohnen, um durch ihn alles zu versöhnen. Alles im Himmel und auf Erden wollte er zu Christus führen, der Friede gestiftet hat am Kreuz durch sein Blut« (Kol 1,13.19_20).

Um irrige und verkürzende Interpretationen zurückzuweisen, hat das erste Konzil von Nicäa in Treue zur Heiligen Schrift feierlich den Glauben definiert an

»Jesus Christus, den Sohn Gottes, als Einziggeborener aus dem Vater gezeugt, das heißt aus der Substanz des Vaters, Gott aus Gott, Licht aus Licht, wahrer Gott aus wahrem Gott, gezeugt, nicht geschaffen, wesensgleich dem Vater, durch den alles geworden ist, was im Himmel und was auf der Erde ist, der wegen uns Menschen und um unseres Heiles willen herabgestiegen und Fleisch und Mensch geworden ist, gelitten hat und auferstanden ist am dritten Tage, hinaufgestiegen ist in die Himmel und kommt, Lebende und Tote zu richten«.28

In der Nachfolge der Lehre der Väter bekannte auch das Konzil von Chalzedon

»unseren Herrn Jesus Christus als ein und denselben Sohn: derselbe ist vollkommen in der Gottheit und derselbe ist vollkommen in der Menschheit; derselbe ist wahrhaft Gott und wahrhaft Mensch…; derselbe ist der Gottheit nach dem Vater wesensgleich und der Menschheit nach uns wesensgleich…; derselbe wurde einerseits der Gottheit nach vor den Zeiten aus dem Vater gezeugt, andererseits der Menschheit nach in den letzten Tagen unsertwegen und um unseres Heiles willen aus Maria, der Jungfrau und Gottesgebärerin, geboren«.29

Das Zweite Vatikanische Konzil bekräftigt, dass Christus,

»der neue Adam«, »das Ebenbild des unsichtbaren Gottes« (Kol 1,15), »der vollkommene Mensch ist, der den Söhnen Adams die Gottebenbildlichkeit wiedergab, die von der ersten Sünde her verunstaltet war… Als unschuldiges Lamm hat er freiwillig sein Blut vergossen und uns Leben erworben. In ihm hat Gott uns mit sich und untereinander versöhnt und der Knechtschaft des Teufels und der Sünde entrissen. So kann jeder von uns mit dem Apostel sagen: Der Sohn Gottes hat „mich geliebt und sich für mich hingegeben“ (Gal 2,20)«.30

In diesem Zusammenhang hat Johannes Paul II. ausdrücklich erklärt:

»Es widerspricht dem christlichen Glauben, wenn man eine wie auch immer geartete Trennung zwischen dem Wort und Jesus Christus einführt… Jesus ist das fleischgewordene Wort, eine einzige und unteilbare Person… Christus ist kein anderer als Jesus von Nazareth, und dieser ist das Wort Gottes, das für das Heil aller Mensch geworden ist… Während wir darangehen, die von Gott jedem Volk zugeteilten Gaben aller Art, insbesondere die geistigen Reichtümer, zu entdecken und aufzuwerten, können wir diese Gaben nicht trennen von Jesus Christus, der im Zentrum des göttlichen Heilsplanes steht«.31

Im Gegensatz zum katholischen Glauben steht auch die Trennung zwischen dem Heilswirken des Logos als solchem und dem Heilswirken des Wortes, das Fleisch geworden ist. Mit der Inkarnation werden alle Heilstaten des Wortes Gottes immer in Einheit mit seiner menschlichen Natur vollbracht, die es zum Heil aller Menschen angenommen hat. Das einzige Subjekt, das in beiden Naturen — der göttlichen und der menschlichen — handelt, ist die einzige Person des Wortes.32

Nicht vereinbar mit der Lehre der Kirche ist deshalb die Theorie, die dem Logos als solchem in seiner Gottheit ein Heilswirken zuschreibt, das er — auch nach der Inkarnation — »über« oder »jenseits« seiner Menschheit ausübe.33

11. In ähnlicher Weise ist auch fest zu glauben, dass es nur eine einzige, vom einen und dreifaltigen Gott gewollte Heilsordnung gibt, deren Quellgrund und Mitte das Mysterium der Fleischwerdung des Wortes ist, des Mittlers der göttlichen Gnade in der Schöpfungs- und in der Erlösungsordnung (vgl. Kol 1,15-20), in dem alles vereint ist (vgl. Eph 1,10), »den Gott für uns zur Weisheit gemacht hat, zur Gerechtigkeit, Heiligung und Erlösung« (1 Kor 1,30). Das Mysterium Christi hat eine innere Einheit, die sich von seiner ewigen Erwählung in Gott bis zur Wiederkunft erstreckt:

»In ihm hat er [der Vater] uns erwählt vor der Erschaffung der Welt, damit wir heilig und untadelig leben vor Gott« (Eph 1,4). »Durch ihn sind wir auch als Erben vorherbestimmt und eingesetzt nach dem Plan dessen, der alles so verwirklicht, wie er es in seinem Willen beschließt« (Eph 1,11). »Denn alle, die er im Voraus erkannt hat, hat er auch im Voraus dazu bestimmt, an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben, damit dieser der Erstgeborene von vielen Brüdern sei. Die aber, die er vorausbestimmt hat, hat er auch berufen, und die er berufen hat, hat er auch gerecht gemacht; die er aber gerecht gemacht hat, die hat er auch verherrlicht« (Röm 8,29-30).

In Treue zur göttlichen Offenbarung bekräftigt das Lehramt der Kirche, dass Jesus Christus der universale Mittler und Erlöser ist:

»Gottes Wort, durch das alles geschaffen ist, ist selbst Fleisch geworden, um in vollkommenem Menschsein alle zu retten und das All zusammenzufassen… Ihn hat der Vater von den Toten auferweckt, erhöht und zu seiner Rechten gesetzt; ihn hat er zum Richter der Lebendigen und Toten bestellt«.34

Diese Heilsmittlerschaft beinhaltet auch die Einzigkeit des Erlösungsopfers Christi, des ewigen Hohepriesters (vgl. Hebr 6,20; 9,11; 10,12_14).

12. Von einigen wird auch die Hypothese einer Heilsordnung des Heiligen Geistes vertreten, die einen universaleren Charakter habe als die Heilsordnung des fleischgewordenen, gekreuzigten und auferstandenen Herrn. Auch diese Behauptung widerspricht dem katholischen Glauben, der vielmehr die Inkarnation des Wortes zu unserem Heil als ein trinitarisches Ereignis betrachtet. Im Neuen Testament ist das Mysterium Jesu, des fleischgewordenen Wortes, der Ort der Gegenwart des Heiligen Geistes und das Prinzip seiner Aussendung über die Menschheit, und zwar nicht nur in der messianischen Zeit (vgl. Apg 2,32_36; Joh 7,39; 20,22; 1 Kor 15,45), sondern auch in der Zeit vor seinem Eintreten in die Geschichte (vgl. 1 Kor 10,4; 1 Petr 1,10_12).

Das Zweite Vatikanische Konzil hat diese grundlegende Wahrheit dem Glaubensbewußtsein der Kirche erneut eingeschärft. In der Darlegung des Heilsplanes des Vater für die ganze Menschheit hat das Konzil das Mysterium Christi und das Mysterium des Geistes von Anfang an eng miteinander verbunden.35 Das ganze Werk der Auferbauung der Kirche durch das Haupt Jesus Christus im Laufe der Jahrhunderte wird als ein Werk gesehen, das er in Gemeinschaft mit seinem Geist vollbringt.36

Außerdem erstreckt sich das Heilswirken Jesu Christi mit und durch seinen Geist über die sichtbaren Grenzen der Kirche hinaus auf die ganze Menschheit. Im Hinblick auf das Paschamysterium, in dem Christus schon jetzt mit dem Glaubenden eine Lebensgemeinschaft im Geist bildet und ihm die Hoffnung auf die Auferstehung schenkt, lehrt das Konzil:

»Dies gilt nicht nur für die Christgläubigen, sondern für alle Menschen guten Willens, in deren Herzen die Gnade unsichtbar wirkt. Da nämlich Christus für alle gestorben ist und da es in Wahrheit nur eine letzte Berufung des Menschen gibt, die göttliche, müssen wir festhalten, dass der Heilige Geist allen die Möglichkeit anbietet, diesem Paschamysterium in einer Gott bekannten Weise verbunden zu sein«.37

Es ist also klar, dass das Heilsmysterium des fleischgewordenen Wortes mit dem Heilsmysterium des Geistes verbunden ist. Der Geist lässt den heilshaften Einfluss des menschgewordenen Sohnes im Leben aller Menschen Wirklichkeit werden, die von Gott zu einem einzigen Ziel berufen sind, ob sie der Menschwerdung des Wortes vorausgegangen sind oder nach seinem Kommen in die Geschichte leben: sie alle werden vom Geist des Vaters bewegt, den der Menschensohn unbegrenzt gibt (vgl. Joh 3,34).

Deshalb hat das Lehramt der Kirche jüngst mit Festigkeit und Klarheit die Wahrheit in Erinnerung gerufen, dass es nur eine einzige göttliche Heilsordnung gibt:

»Die Gegenwart und das Handeln des Geistes berühren nicht nur einzelne Menschen, sondern auch die Gesellschaft und die Geschichte, die Völker, die Kulturen, die Religionen… Der auferstandene Christus wirkt im Herzen der Menschen in der Kraft seines Geistes… Und nochmals: es ist der Geist, der „die Samen des Wortes“ aussät, die in den Riten und Kulturen da sind und der sie für ihr Heranreifen in Christus bereit macht«.38

Das Lehramt anerkennt die heilsgeschichtliche Funktion des Geistes im ganzen Universum und in der ganzen Geschichte der Menschheit,39 bekräftigt jedoch zugleich:

»Es ist derselbe Geist, der bei der Menschwerdung, im Leben, im Tode und bei der Auferstehung Jesu mitgewirkt hat und der in der Kirche wirkt. Er ist nicht eine Alternative zu Christus, er füllt nicht eine Lücke aus zwischen Christus und dem Logos, wie manchmal angenommen wird. Was immer der Geist im Herzen der Menschen und in der Geschichte der Völker, in den Kulturen und Religionen bewirkt, hat die Vorbereitung der Verkündigung zum Ziel und geschieht in Bezug auf Christus, das durch das Wirken des Geistes fleischgewordene Wort, „um ihn zu erwirken, den vollkommenen Menschen, das Heil aller und die Zusammenführung des Universums“«.40

Das Wirken des Geistes geschieht also nicht außerhalb oder neben dem Wirken Christi. Es gibt nur die eine Heilsordnung des einen und dreifaltigen Gottes, die im Mysterium der Inkarnation, des Todes und der Auferstehung des Sohnes Gottes Wirklichkeit wird und die durch die Mitwirkung des Heiligen Geistes vergegenwärtigt und in ihrer Heilsbedeutung auf die ganze Menschheit und das Universum ausgedehnt wird:

»Die Menschen können demnach mit Gott nicht in Verbindung kommen, wenn es nicht durch Jesus Christus unter Mitwirkung des Geistes geschieht«.4

wird fortgesetzt …