Präfation zur Fastenzeit

PRÄFATION FUR DIE FASTENZEIT

Es ist in Wahrheit würdig und recht, billig und heilsam, Dir immer und überall dankzusagen, heiliger Herr, allmächtiger Vater, ewiger Gott. Durch das Fasten des Leibes unterdrückst Du die Sünde, erhebst Du den Geist, spendest Tugendkraft und Lohn: durch Christus, unsren Herrn. Durch Ihn loben die Engel Deine Majestät, die Herrschaften beten sie an, die Mächte verehren sie zitternd.

Die Himmel und die himmlischen Kräfte und die seligen Seraphim feiern sie jubelnd im Chore. Mit ihnen, so flehen wir, auch uns einstimmen und voll Ehrfurcht bekennen:

SANTCUS, SANTCUS, SANTCUS

Traditionelles Weihnachten

 

Unsere Kirche feiert verschiedene Feste, welche zum Herzen dringen. Man kann sich kaum etwas Lieblicheres denken als Pfingsten und kaum etwas Ernsteres und Heiligeres als Ostern. Das Traurige und Schwermütige der Karwoche und darauf das Feierliche des Sonntags begleiten uns durch das Leben.

Eines der schönsten Feste feiert die Kirche fast mitten im Winter, wo beinahe die längsten Nächte und kürzesten Tage sind, wo die Sonne am schiefsten gegen unsere Gefilde steht, und Schnee alle Fluren deckt, das Fest der Weihnacht.

Wie in vielen Ländern der Tag vor dem Geburtsfeste des Herrn der Christabend heißt, so heißt er bei uns der heilige Abend, der darauf folgende Tag der heilige Tag und die dazwischen liegende Nacht die Weihnacht. Die katholische Kirche begeht den Christtag als den Tag der Geburt des Heilands mit ihrer allergrößten kirchlichen Feier, in den meisten Gegenden wird schon die Mitternachtstunde als die Geburtsstunde des Herrn mit prangender Nachtfeier geheiligt, zu der die Glocken durch die stille winterliche Mitternachtluft laden, zu der die Bewohner mit Lichtern oder auf dunkeln wohlbekannten Pfaden aus schneeigen Bergen an bereiften Wäldern vorbei und durch knarrende Obstgärten zu der Kirche eilen, aus der die feierlichen Töne kommen, und die aus der Mitte des in beeiste Bäume gehüllten Dorfes mit den langen beleuchteten Fenstern emporragt.

Mit dem Kirchenfeste ist auch ein häusliches verbunden. Es hat sich fast in allen christlichen Ländern verbreitet, daß man den Kindern die Ankunft des Christkindleins – auch eines Kindes, des wunderbarsten, das je auf der Welt war – als ein heiteres glänzendes feierliches Ding zeigt, das durch das ganze Leben fortwirkt und manchmal noch spät im Alter bei trüben schwermütigen oder rührenden Erinnerungen gleichsam als Rückblick in die einstige Zeit mit den bunten schimmernden Fittichen durch den öden traurigen und ausgeleerten Nachthimmel fliegt.

Man pflegt den Kindern die Geschenke zu geben, die das heilige Christkindlein gebracht hat, um ihnen Freude zu machen. Das tut man gewöhnlich am heiligen Abende, wenn die tiefe Dämmerung eingetreten ist. Man zündet Lichter und meistens sehr viele an, die oft mit den kleinen Kerzlein auf den schönen grünen Ästen eines Tannen- oder Fichtenbäumchens schweben, das mitten in der Stube steht. Die Kinder dürfen nicht eher kommen, als bis das Zeichen gegeben wird, daß der heilige Christ zugegen gewesen ist und die Geschenke, die er mitgebracht, hinterlassen hat. Dann geht die Tür auf, die Kleinen dürfen hinein, und bei dem herrlichen schimmernden Lichterglanze sehen sie die Dinge auf dem Baume hängen oder auf dem Tische herumgebreitet, die alle Vorstellungen ihrer Einbildungskraft weit übertreffen, die sie sich nicht anzurühren getrauen, und die sie endlich, wenn sie sie bekommen haben, den ganzen Abend in ihren Ärmchen herumtragen und mit sich in das Bett nehmen.

Wenn sie dann zuweilen in ihre Träume hinein die Glockentöne der Mitternacht hören, durch welche die Großen in die Kirche zur Andacht gerufen werden, dann mag es ihnen sein, als zögen jetzt die Englein durch den Himmel, oder als kehre der heilige Christ nach Hause, welcher nunmehr bei allen Kindern gewesen ist und jedem von ihnen ein herrliches Geschenk hinterbracht hat.

Wenn dann der folgende Tag, der Christtag, kömmt, so ist er ihnen so feierlich, wenn sie frühmorgens mit ihren schönsten Kleidern angetan in der warmen Stube stehen, wenn der Vater und die Mutter sich zum Kirchgang schmücken, wenn zu Mittage ein feierliches Mahl ist, ein besseres als in jedem Tage des ganzen Jahres, und wenn nachmittags oder gegen den Abend hin Freunde und Bekannte kommen, auf den Stühlen und Bänken herumsitzen, miteinander reden und behaglich durch die Fenster in die Wintergegend hinausschauen können, wo entweder die langsamen Flocken niederfallen, oder ein trübender Nebel um die Berge steht, oder die blutrote kalte Sonne hinabsinkt. An verschiedenen Stellen der Stube, entweder auf einem Stühlchen oder auf der Bank oder auf dem Fensterbrettchen liegen die zaubrischen, nun aber schon bekannteren und vertrauteren Geschenke von gestern abend herum.

aus „Bergkristall“ von Adalbert Stifter

Adventlicher Früchtetopf

 

Zutaten:

3 Orangen, 100g Backpflaumen ohne Stein, 100g Datteln, geschälte Mandeln, 1 Flasche Rum 0,7 Liter zu ca. 54 %.

Zubereitung:

a)  Die Orangen schälen und die weiße Haut entfernen. In Scheiben schneiden. Die Datteln aufschneiden, Kern herausnehmen, jeweils 1 Mandel hiheinlegen und zusammendrücken.

b)    Orangenscheiben, Backpflaumen und Datteln schichtweise in ein Glas füllen und mit Rum begießen. Die Früchte müssen dabei ganz bedeckt sein.

c)  Das Glas gut verschließen und eine Zeitlang ruhig stehen lassen.

Solange es das Mysterium gibt, bleiben die Menschen gesund

Der einfache Mensch ist (geistig) gesund, weil er ein Mystiker ist. Er gestattet sich, im Zwielicht zu leben. Seit jeher steht er mit einem Fuß auf der Erde und mit dem anderen im Feenland. Er hat sich stets die Freiheit genommen, an seinen Göttern zu zweifeln; anders als der heutige Agnostiker aber hat er sich auch stets die Freiheit vorbehalten, an sie zu glauben. Wahrheit war ihm immer wichtiger als logische Konsequenz. Stand er vor zwei Wahrheiten, die sich zu widersprechen schienen, so akzeptierte er beide und nahm den Widerspruch in Kauf. Seine spirituelle Sichtweise ist so stereoskopisch wie seine körperliche: er sieht zwei verschiedene Bilder gleichzeitig, was seiner Scharfsicht aber nur zum Vorteil gereicht.

So hat er immer an so etwas wie Schicksal, aber auch immer an so etwas wie den freien Willen geglaubt. So hat er geglaubt, dass den Kindern das Himmelreich gehört, aber auch, dass sie dennoch den irdischen Mächten zu gehorchen haben. Er hat die Jungen wegen ihrer Jugend bewundert und die Alten, weil sie die Jugend hinter sich hatten. Genau in diesem Ausbalancieren scheinbarer Widersprüche bestand die Spannkraft des gesunden Menschen. Das ganze Mysterium der Mystik besteht darin: dass der Mensch alles kraft dessen verstehen kann, was er nicht versteht.

Der kranke Logiker bemüht sich überall um Klarheit und schafft es, alles ins Geheimnis zu hüllen. Der Mystiker findet sich damit, ab, dass es ein einziges Mysterium gibt und schon wird alles andere klar. Der Determinist arbeitet die Theorie der Kausalität bis ins letzte Tüpfelchen aus, nur um festzustellen, dass er nicht einmal mehr zum Dienstmädchen »dürfte ich Sie bitten« sagen kann.

Der Christ akzeptiert, dass die Willensfreiheit ein göttliches Geheimnis bleibt; eben deshalb aber ist sein Verhältnis zum Dienstmädchen so klar und durchsichtig wie Kristall. Er pflanzt den Samen des Dogmas ins Herz der Finsternis; aber der Same keimt und entfaltet sich voller Lebenskraft in alle Richtungen.

Aus: G.K. Chesterton: Orthodoxie, Abschnitt II: Der Besessene

Christliche Paradoxa #01

Nie las ich eine Zeile christlicher Apologetik. Auch heute lese ich davon so wenig wie möglich. Den Weg zur orthodoxen Theologie wiesen mir Huxley, Spencer und Bradlaugh.[1] Sie säten die ersten heftigen Zweifel am Zweifel in meinem Kopf. Unsere Großmütter hatten ganz recht mit ihrer Warnung, Tom Paine[2] und die Freidenker brächten uns nur den Verstand durcheinander. Das stimmt. Meinen brachten sie ganz schrecklich durcheinander.

Ausgerechnet der Rationalist brachte mich auf die Frage, ob Vernunftdenken eigentlich zu etwas nütze ist, und nach der Lektüre von Herbert Spencer war ich (zum ersten Mal) im Zweifel, ob die Evolution überhaupt stattgefunden hat. Als ich den letzten von Colonel Ingersolls[3] atheistischen Vorträgen beiseite legte, schoß mir der grauenvolle Gedanke durch den Kopf: »Fast machst du mich schon zum Christen!« Ich war ganz verzweifelt.

Für diese sonderbare Wirkung der großen Agnostiker – daß sie Zweifel wecken, die tiefer reichen als ihre eigenen – ließen sich viele konkrete Beispiele anführen. Ich beschränke mich auf eines. Als ich all diese nicht- oder antichristlichen Darstellungen des Glaubens, von Huxley bis Bradlaugh, las und immer wieder las, gewann ich langsam, aber spürbar den schrecklichen Eindruck, das Christentum müsse etwas ganz Außergewöhnliches sein. Denn nicht bloß besaß es besonders gefährliche Laster, sondern offenbar (wie mir klar wurde) auch eine mystische Gabe angeblich unvereinbare Laster zusammenzubringen.

Attackiert wurde es von allen Seiten und aus den gegensätzlichsten Gründen. Kaum hatte einer der Rationalisten bewiesen, daß es zu weit im Osten liege, bewies ein anderer nicht weniger klar, es liege zu weit im Westen. Kaum hatte sich meine Empörung, ob seiner schroffen und aggressiven Kantigkeit etwas gelegt, da wurde mein kritischer Blick auf seine verweichlichende und sinnesfreudige Rundheit gelenkt.

Für den Fall, daß jemand unter meinen Lesern dem hier Geschilderten nie begegnet ist, will ich an ein paar willkürlich herausgegriffenen Beispielen veranschaulichen, wie dieser dem Angriff der Skeptiker innewohnende Widerspruch aussieht. Ich beschränke mich auf vier oder fünf; es gibt aber noch fünfzig weitere.

Sehr erregt hat mich etwa die wortgewaltige Anklage, das Christentum sei geprägt von unmenschlicher Schwarzseherei; denn aufrichtigen Pessimismus empfand ich (und empfinde ich noch heute) als unverzeihliches Vergehen. Unaufrichtiger Pessimismus ist eine soziale Errungenschaft, und zwar eine eher angenehme; und glücklicherweise ist fast jeder Pessimismus unaufrichtig. Wäre das Christentum tatsächlich, wie diese Leute behaupten, durch und durch schwarzseherisch und lebensfeindlich, würde ich so fort St. Paul’s Cathedral in die Luft jagen. [Diese Floskel wird wohl heute hundert Jahre später die Aufmerksamkeit sämtlicher westlicher Geheimdienste erregen, damals galt sie wohl noch politisch korrekt; Anmerkung M. Schüler]

Aber nun kommt das Erstaunliche. Im ersten Kapitel bewies man mir (zu meiner großen Genugtuung), daß das Christentum zu pessimistisch ist; im zweiten Kapitel bewies man mir dann, daß es viel zu optimistisch ist. Einerseits warf man dem Christentum vor, mit seinem gräßlichen Heulen und Zähneklappern hindere es die Menschen, am Busen der Natur Freude und Freiheit zu suchen. Andererseits warf man ihm vor, mit seiner frei erfundenen Vorsehung lulle es die Menschen nur ein und verbanne sie in eine rosa-weiße Kinderwelt.

Der eine Agnostiker monierte die christliche Ansicht, die Natur sei von sich aus nicht schön und es falle so schwer, frei zu sein. Ein anderer wandte sich gegen den christlichen Optimismus (»das von frommen Händen gewobene Kleid der Heuchelei«), der uns die Tatsache verberge, daß die Natur häßlich und daß es unmöglich ist, frei zu sein.

Kaum hatte der eine Rationalist das Christentum als Alptraum bezeichnet, kam schon ein anderer und nannte es das Paradies des Toren. Das gab mir zu denken; die Vorwürfe vertrugen sich nicht miteinander. Die christliche Religion, so fand ich, kann nicht gleichzeitig eine schwarze Maske vor einer weißen Welt und eine weiße Maske vor einer schwarzen Welt sein. Die Lage des Christen kann nicht gleichzeitig so behaglich sein, daß es feige ist, daran zu hängen, und so unbehaglich, daß es töricht ist, sie zu ertragen. Wenn das Christentum das Weltbild der Menschen verfälscht, geht das nur auf die eine oder die andere Weise; es kann nicht sowohl eine grüne als auch eine rosa Brille sein.

Damals ließ ich mir, wie alle jungen Männer, Swinburnes höhnisch herausgebrüllte Verse über den Trübsinn der Religion genußvoll auf der Zunge zergehen:

Du hast gesiegt, oh bleicher Galiläer,

die Welt ist heute grau von Deinem Atem.

Aber als ich las, was derselbe Dichter (etwa in Atalanta) über das Heidentum schreibt, begriff ich, daß die Welt wohl noch grauer war, bevor der Atem des Galiläers sie streifte. Dort behauptet Swinburne in abstracto, das Leben schlechthin sei stockfinster. Und dennoch soll das Christentum es verfinstert haben. Ihm hielt er vor, es sei pessimistisch, und dabei war er selbst ein Pessimist. Da konnte doch etwas nicht stimmen.

Und einen schwindelerregenden Augenblick lang schoß mir der Gedanke durch den Kopf, daß das Verhältnis zwischen Religion und Glück von denen, die nach eigenem Bekunden weder das eine noch das andere besitzen, nicht gerade am besten beurteilt werden kann.

Um Missverständnisse zu vermeiden: ich bin damals nicht spornstreichs zu dem Schluß gelangt, die Anklagen seien falsch oder die Ankläger Einfaltspinsel. Ich habe nur gefolgert, das Christentum müsse sehr viel unheimlicher und verruchter sein, als sie es darstellten. Mag sein, daß etwas tatsächlich zwei so entgegengesetzte Laster hat; aber dann ist es einigermaßen sonderbar. Wenn jemand einerseits zu dick und andererseits zu dünn ist, macht er eine seltsame Figur. Zum damaligen Zeitpunkt dachte ich nur an die seltsame Figur der christlichen Religion; ich schloß nicht auf eine seltsame Figur im rationalistischen Denken.

Hier ein zweites Beispiel. Als schlagendes Argument gegen das Christentum empfand ich den Vorwurf, alles »Christliche« habe etwas Ängstliches, Schwächliches und Unmännliches an sich, besonders in seiner Einstellung zum Sich-Wehren und Kämpfen. Die großen Skeptiker des 19. Jahrhunderts waren in der Regel gestandene Männer: Bradlaugh auf seine überschwengliche, Huxley auf seine reservierte Art. Im Vergleich zu ihnen waren die christlichen Maximen tatsächlich gekennzeichnet durch Schwäche und übermäßige Langmut.

Das Evangelium mit seinem Paradox von der anderen Wange, die Tatsache, daß Geistliche nie mit der Waffe kämpfen, dies und vieles andere stützte den Vorwurf, das Christentum sei ein Versuch, Männern“ das Aussehen von Lämmern zu geben. Ich las ihn und glaubte ihn, und hätte ich sonst nichts gelesen, dann hätte ich ihn auch weiterhin geglaubt. Aber plötzlich las ich etwas ganz anderes.

Ich schlug eine Seite in meinem Handbuch für Agnostiker um, und mein Verstand war plötzlich auf den Kopf gestellt. Da erfuhr ich nämlich, ich müsse das Christentum hassen, nicht weil es zu wenig, sondern weil es zu viel kämpfe. Die christliche Religion, so hieß es nun, sei die Mutter aller Kriege. Sie habe die Welt mit Blut überschwemmt. Bisher war ich zornig auf den „Christen“, weil er nie in Zorn gerät. Und jetzt las ich, ich müsse zornig auf ihn sein, weil sein Zorn das Gigantischste und Schrecklichste sei, was die menschliche Geschichte je gesehen habe; weil sein Zorn die Erde getränkt und die Sonne geschwärzt habe.

Dieselben, die dem Christentum vorwarfen, daß seine Klöster auf Gewalt und Widerstand verzichten, hielten ihm zugleich vor, daß seine Kreuzzüge Gewalttätigkeit und Heldenmut forderten. Ihnen zufolge war das arme alte Christentum gleichermaßen daran schuld, daß Eduard der Bekenner nicht gekämpft und daß Richard Löwenherz gekämpft hat. Die Quäker, so lasen wir, sind die einzig typischen Christen; und dennoch sind die von Cromwell und Alba veranstalteten Massaker typisch christliche Verbrechen.

Was sollte das alles heißen? Was mochte das für ein Christentum sein, das unablässig Kriege verbietet und unablässig Kriege zeugt? Wie mochte etwas beschaffen sein, wenn man ihm einerseits vorhalten kann, es kämpfe nicht, und andererseits, es kämpfe unaufhörlich? Aus welcher Rätselwelt stammte diese monströse Mordlust und diese monströse Sanftmut? Von Minute zu Minute sah das Christentum wunderlicher aus.

Und hier ein drittes Beispiel, das sonderbarste von allen, weil es dabei um den einzigen echten Einwand gegen den Glauben geht. Der einzige echte Einwand gegen die christliche Religion lautet schlicht, daß sie eine Religion unter anderen ist.

Die Welt ist groß und voll von Menschen verschiedenster Art. Das Christentum (so kann man argumentieren) ist etwas Bestimmtes und auf bestimmte Menschen begrenzt; es begann in Palästina und kam praktisch über Europa nicht hinaus. In meiner Jugend hat mich dieses, Argument gehörig beeindruckt, und ich war, fasziniert von der in den »Ethischen Gesellschaften« oft gepredigten Doktrin, alle Menschen seien, ohne es zu wissen, vereint in einer einzigen großen Religionsgemeinschaft, die sich auf die Allgegenwart des menschlichen Gewissens gründet.

Glaubenslehren, so hieß es, spalten die Menschheit; die Sittlichkeit hingegen eint sie. Mag die Seele in die fremdartigsten und fernsten Länder und Zeiten ausschwärmen – immer wird sie auf das dem Menschen innewohnende sittliche Gefühl stoßen. Mag sie Konfuzius unter fernöstlichen Bäumen antreffen – er wird dort schreiben: »Du sollst nicht stehlen.« Mag sie die rätselhafteste Hieroglyphe in der ältesten Wüste entziffern einmal enträtselt wird sie bedeuten: »Knaben müssen die Wahrheit sagen.«

Damals glaubte ich an den Grundsatz, daß alle Menschen als sittlich empfindende Wesen Brüder sind, und, ich glaube noch heute daran – wenn es um andere Dinge geht. Und ich war zutiefst empört, weil (wie ich annahm) das Christentum unterstellt, ganze Menschenalter und Reiche hätten dieses Licht der Gerechtigkeit und Vernunft nie gekannt.

Aber dann entdeckte ich etwas Erstaunliches. Ich entdeckte, daß dieselben Leute, die behaupteten, die Menschheit sei – von Platon bis Emerson – eine einzige Religionsgemeinschaft, zugleich behaupteten, die Sittlichkeit habe sich von Grund auf gewandelt und was in der einen Epoche richtig sei, sei in einer anderen falsch.

Fragte ich zum Beispiel nach einem Altar, bekam ich zu hören, wir brauchten keinen, denn die Menschen, unsere Brüder, hätten uns mit ihren allgemeinen Sitten und Idealen unmißverständliche Orakel und einen einheitlichen Glauben hinterlassen. Wies ich jedoch sachte darauf hin, daß es zu diesen allgemeinen Sitten der Menschen gehöre, einen Altar zu haben, vollzogen meine agnostischen Lehrmeister eine schlichte Kehrtwendung und behaupteten, die Menschen hätten immer in Unwissenheit und im Aberglauben der Wilden gelebt.

Täglich hörte ich sie höhnen das Christentum habe nur ein einziges unter den Völkern erleuchtet und lasse die übrigen unwissend dahinsterben. Aber zugleich hörte ich sie prahlerisch verkünden, Wissenschaft und Fortschritt gebe es nur bei einem einzigen unter den Völkern und die übrigen seien unwissend dahingestorben.

Der Hauptvorwurf, den sie dem Christentum machten, war zugleich das Hauptkompliment, das sie sich selber machten, und ihre Gewichtung der beiden Seiten fiel merkwürdig ungerecht aus, denn was sie forderten, war dies: Beim Blick auf einen Heiden oder Agnostiker dürfen wir nicht vergessen, daß alle Menschen eine einheitliche Religion besitzen; beim Blick auf einen Mystiker oder Spiritualisten sollen wir lediglich feststellen, daß manche Menschen abstruse Religionen haben.

Der Sittenlehre von Epiktet können wir vertrauen, weil sich die Sittlichkeit bis heute nicht geändert hat. Auf die Sittenlehre von Bossuet dürfen wir nicht bauen, weil sich die Sittlichkeit seither geändert hat. Geändert hat sie sich in zweihundert Jahren, nicht aber in zweitausend.

Auszug aus: G.K. Chesterton: Orthodoxie, Abschnitt VI: DIE PARADOXA DES CHRISTENTUMS

Fortsetzung folgt ..


[1] Philosoph der griechischen Antike, Stoiker; seiner Lehre zufolge ist der Mensch von Geburt an ein sittliches Wesen.

[2] Jacques-Benigne Bossuet (1627-1704), französischer Geistlicher und Theologe, von 1670 bis 1681 Erzieher des Dauphins am Hofe Ludwigs xrv:, danach Bischof von Meaux. Bossuet betrieb die Aufhebung des Edikts von Nantes, 1682 verfaßte er die Deklaration des Klerus über die gallikanischen Freiheiten.

 


[1] Thomas Huxley (1825-1895), englischer Zoologe und Naturforscher bereiste Australien und setzte sich für Darwins Abstammungslehre ein. Herbert Spencer (1820-1903), englischer Philosoph und Soziologe, Mitarbeiter des Economist, vertrat noch vor Darwin eine evolutionistische Fortschrittstheorie. Charles B. Bradlaugh (1833-1891), Begründer der Zeitung National Reformer, plädierte für soziale Reformen, unter anderem auch für die Drosselung des Bevölkerungswachstums durch Geburtenkontrolle.

[2] Thomas Paine (1737-1809), englischer revolutionärer Schriftsteller und Unterstützer der amerikanischen Unabhängigkeit, später Deist.

[3] Robert Green Ingersoll (1833-1899), amerikanischer Jurist und Redner, berühmt durch seine öffentlichen Angriffe auf die Bibel.

Fähnchen im Wind

Wie sehr sich doch die Fähnchen der Medien nach dem Winde drehen, kann im dem historischen Ereignis, der Rückkehr Napoleons von Elba, beobachtet werden.

Die folgenden Zeilen stammen von dem französischen Schriftsteller Étienne-Léon de Lamothe-Langon aus Paris, der die Rückkehr, man würde heute sagen Comeback, des zeitweilig gestürzten Imperators Napoleon aus der Elba- Verbannung aus dem Jahr 1815 beschreibt.

Wir erinnern uns: spätestens seit der verheerenden Niederlage Napoleons in Leipzig galt der Tyran auch in seiner Heimat als Kriegstreiber und Menschenschlächter und wurde als Ungeheuer verschrienen.

Dazu nun die Zeitungsmeldungen von Étienne-Léon de Lamothe-Langon, die innerhalb weniger Wochen der ansteigender Machtfülle Napoleons entsprechend, eine eigenartige Veränderungen erleben durften:

  1. „Das Ungeheuer hat die Insel Elba verlassen.“
  2. „Der Räuber landete in der Bucht von Cannes.“
  3. „Der Usurpator ist in Grenoble eingezogen.“
  4. „Der Korse hat zu Lyon die Behörden empfangen.“
  5. „Bonapartes Armee wurde durch die des Marschall Ney verstärkt.“
  6. „Der furchtbare Rival der Bourbons befindet sich zu Fontainebleau in demselben Gemach, in dem er seine Abdankung unterzeichnete.“
  7. „Seine kaiserliche Hoheit wird noch heute abend in den Tuilerien sein.“

Mal ehrlich; Seit diesem Vorfall hat sich der Brachnche nicht viel getan.

Gebet für die verfolgten Christen

Gebet für die verfolgten Christen

… und zur Bekehrung der Verfolger

A: Gegrüßet seist du, Maria (3 x)

A: Sei gegrüßt, o Königin, Mutter der Barmherzigkeit, unser Leben, unsere Wonne und unsere Hoffnung, sei gegrüßt! Zu dir rufen wir verbannte Kinder Evas, zu dir seufzen wir trauernd und weinend in diesem Tale der Tränen. Wohlan denn, unsere Fürsprecherin, wende deine barmherzigen Augen zu uns und nach diesem Elende zeige uns Jesus, die gebenedeite Frucht deines Leibes.
O gütige, o milde, o süße Jungfrau Maria!

V: Bitte für uns, o heilige Gottesmutter,

A: Auf dass wir würdig werden der Verheißungen Christi.

V: Lasset uns beten. …. durch Christus unseren Herrn. A: Amen.

V: Heiliger Erzengel Michael, A: verteidige uns im Kampfe; gegen die Bosheit und die Nachstellungen des Teufels sei unser Schutz! „Gott gebiete ihm“, so bitten wir flehentlich. Und du, Fürst der himmlischen Heerscharen, stürze den Satan und die anderen bösen Geister, die zum Verderben der Menschen die Welt durchziehen, mit Gottes Kraft hinab in den Abgrund. Amen.

V: Heiligstes Herz Jesu!

A: Erbarme dich unser. (3 x)

V: Zu dir, heiliger Josef, fliehen wir in unserer Not und bitten voll Vertrauen um deinen Schutz. Bei der Liebe, weiche dich mit der unbefleckten Gottesmutter verbunden, und der väterlichen Zärtlichkeit, mit der du das Jesuskind umfangen, flehen wir dich an: A: Du wollest in Milde hinblicken auf das Erbe, das Jesus Christus mit Seinem Blute erworben hat. V: Hilf uns in unserer Not mit deinem mächtigen Beistand, fürsorglicher Beschützer der Heiligen Familie. A: Wache über die auserwählte Schar der Jünger Jesu Christi. V: Halte fern von uns, liebreicher Vater, alle Ansteckung durch Irrtum und Verderbnis. A: Stehe vom Himmel her uns gnädig bei, du unser starker Helfer im Kampf mit den Mächten der Finsternis. V: Wie du einst der Jesuskind aus der höchsten Lebensgefahr errettet hast, so verteidige jetzt die heilige Kirche Gottes gegen die Nachstellungen der Feinde und jede Widerwärtigkeit. A: Nimm uns alle in deinen beständigen Schutz, auf dass wir nach deinem Beispiel und mit deiner Hilfe heilig leben, selig sterben und die ewige Seligkeit im Himmel erlangen.
Amen.