(Fortsetzung: Das Friedensreich des Imperators – zurück – weiter)
Da und dort gab es in Asien noch unabhängige Stämme und Reiche. Mit einem kleinen, aber auserlesenen Heer aus Russen, Deutschen, Polen, Ungarn und Türken unternahm der Imperator einen militärischen Spaziergang von Ostasien bis Marokko und unterwarf fast ohne Blutvergießen alle noch ungehorsamen Völker. In den Ländern beider Hemisphären setzte er seine Statthalter ein, die er unter den ihm ergebenen und europäisch gebildeten einheimischen Großen erwählte. In allen heidnischen Ländern rief ihn die Bevölkerung unter dem Eindruck seiner bezaubernden Persönlichkeit zur obersten Gottheit aus.
Ein Jahr hatte genügt, um die Weltmonarchie im wahrsten Sinne des Wortes zu begründen. Alle Kriegsursachen wurden mit der Wurzel beseitigt. Der Weltbund der Pazifisten trat zum letzten Male zusammen, feierte auf seinem letzten Kongreß begeistert den Kaiser des allgemeinen Friedens und löste sich dann auf, da sein Ziel erreicht war.
Zu Beginn des zweiten Jahres seiner Regierung erließ der Imperator ein neues Manifest: „Völker der Erde! Ich habe Euch den Frieden gegeben, den ich Euch versprochen habe. Doch nur bei Wohlstand ist der Friede begehrenswert. Wenn jemand im Frieden von Not und Elend bedroht ist, dann erquickt auch der Friede nicht. So kommt denn alle zu mir, die Ihr hungert und friert, ich will Euch speisen und ich will Euch bekleiden.“
Im Anschluss daran verkündete er jene einfache und umfassende Sozialreform, mit der er schon in seinem Buche alle bedeutenden und vernünftigen Köpfe gewonnen hatte. Dank der einheitlichen Verwaltung und Kontrolle der Weltfinanzen sowie eines gewaltigen Grundbesitzes konnte der Imperator diese Reform durchführen. Er befriedigte die Armen, ohne die Reichen allzu fühlbar zu treffen. Jeder erhielt seinen Anteil entsprechend den Fähigkeiten, die er durch Arbeit und Verdienst bewies.
Der neue Weltherrscher war vor allem ein mitleidiger Menschenfreund, aber er liebte und schützte auch die Tiere. Er selbst war Vegetarier, verbot die Vivisektion und stellte die Schlachthäuser unter strenge Kontrolle. Den Tierschutzvereinen wurde seine besondere Förderung zuteil. Weit wichtiger als diese Anordnungen war der Erlaß eines Grundgesetzes, das entsprechend der allgemeinen Gleichheit der Menschen auch die Gleichheit in der Ernährung festlegte.
Diese Reform wurde im zweiten Jahre seiner Regierung durchgeführt. Damit war die soziale und die wirtschaftliche Frage endgültig gelöst. Wenn aber die Sättigung für die Hungernden das Wichtigste ist, so haben die Gesättigten andere Bedürfnisse. Selbst satte Tiere wollen gewöhnlich nicht nur schlafen, sondern auch spielen. Wieviel mehr die Menschen! Immer noch haben sie nach dem Brot auch Spiele verlangt. Der kaiserliche Übermensch wußte, was seine Völker begehrten.
Während eines Aufenthaltes in Rom suchte ihn ein Wundertäter aus dem Fernen Osten auf, den wie eine Wolke merkwürdige Erzählungen und seltsame Legenden begleiteten. Der Wundertäter sollte nach Gerüchten, die unter den Neobuddhisten verbreitet waren, göttlichen Ursprungs sein: der Sohn des Sonnengottes Surja und einer Flußnymphe.
Der Wundertäter, der sich Apollonius nannte, war unbestreitbar ein genialer Mensch. Seiner Abstammung nach halb Asiate, halb Europäer, war er als katholischer Bischof in der Heidenmission tätig. In einzigartiger Weise vereinigte er die Kenntnis der jüngsten theoretischen Ergebnisse der Wissenschaft des Westens samt ihrer technischen Anwendung mit der Beherrschung von Theorie und Praxis alles dessen, was die überlieferte Mystik des Ostens an Gültigem und Bedeutendem hervorgebracht hatte. Die Früchte einer solchen geistigen Synthese waren erstaunlich. So besaß er unter anderem die halb wissenschaftliche, halb magische Gabe, die atmosphärische Elektrizität nach seinem Willen anzuziehen und zu lenken. Das Volk sagte, er hole das Feuer vom Himmel. Immer wieder aber fesselte er die Phantasie der Massen durch unerhörte Gaukeleien, doch nie missbrauchte er seine Macht, um niedrigen Zwecken zu dienen.
Dieser Mann erschien nun vor dem großen Imperator. Er huldigte ihm als dem wahren Sohn Gottes, über den er in Geheimbüchern des Ostens bedeutsame Voraussagen entdeckt hätte. Dort sei zu lesen, der Imperator werde in dieser Würde zugleich der letzte Erlöser und Richter der Welt sein. Schließlich stellte er sich selbst und seine Kunst dem Imperator zur Verfügung. Der Imperator sah in ihm ein Geschenk des Himmels, zeichnete ihn mit prunkenden Titeln aus und machte ihn zu seinem ständigen Begleiter. So erhielten die Völker der Erde zu den Wohltaten des Weltfriedens und der Befriedigung ihres Hungers auch noch die Möglichkeit, sich ohne Unterlaß an den verschiedenartigsten und überraschendsten Wundern und Zaubereien zu ergötzen. Damit ging das dritte Jahr der Regierung des Übermenschen zu Ende.
(Fortsetzung folgt)